Kritik zu Momo

© Constantin Film

Moderne Adaption des Jugendbuchklassikers von Michael Ende, mal sehr ­märchenhaft, mal sehr gegenwärtig und mit einem internationalen Cast

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Als die Verfilmung des Kinder- und Jugendbuches »Momo« mit Maria Adorf und Armin Mueller-Stahl Mitte der 1980er Jahre in die Kinos kam, eroberte sie sogleich die Herzen der Kritik und des Publikums. Selbst Michael Ende, der Schöpfer des längst zum Klassiker gewordenen Buches (1973), soll die filmische Umsetzung gutgeheißen haben. Nun hat der Regisseur und Drehbuchautor Christian Ditter eine moderne Adaption gedreht, in der es ihm gelingt, den Charme der Vorlage zu erhalten und zugleich in die Gegenwart zu verlegen. Damit schafft er eine ungewöhnliche Universalität, die allerdings nicht immer aufgeht.

Es ist eine Szenerie, die verwirrt, wie aus Zeit und Raum scheint sie gefallen: Da fährt ein Schwarzer Junge im Tuk Tuk durch enge Gassen, die an das Neapel oder Rom der 1950er Jahre erinnern, Pizzen aus; er trägt moderne Kleidung, lebt mit seiner verwitweten Mutter und den beiden jüngeren Geschwistern zusammen. Dann wieder tauchen riesige verglaste Stahlbauten auf, mit Logos der Gegenwart. Und das Waisenmädchen Momo (Alexa Goodall) lebt alleine in den Katakomben eines verfallenen Amphitheaters. Immer wieder tanzen rosafarbene Blütenblätter durch die Luft. Das alles hat etwas Märchenhaftes, zugleich aber auch Irreales, das kaum zu fassen ist.

Inhaltlich hält sich Ditter nah an den Roman: Unabhängig und frei lebt »Momo« in diesem Amphitheater, und sie bringt die Menschen mit ihrem aufmerksamen Zuhören zum Erzählen teils streng gehüteter Geheimnisse. Ihre Tage verbringt sie vor allem mit ihrem besten Freund Gino (Araloyin Oshunremi), jenem Schwarzen Jungen, und dem Straßenkehrer Beppo (Kim Bodnia). Doch plötzlich tauchen seltsame Gestalten auf, die mit Vaporizern durch die Gegend laufen, an denen sie ständig saugen – um ihre persönliche Zeit aufzuladen, wie sich später herausstellen wird. Sie verteilen Armbänder, die an die erste Generation von Fitnessarmbändern erinnern, mit denen die Menschen ihre Zeit sparen können – um sie später zu nutzen. Tatsächlich aber betrügen sie die Menschen um ihre Zeit. Selbst Gino lässt sich irgendwann auf sie ein. Er wird zum international gefeierten Influencer und damit zur Marionette der Zeitdiebe, die bei Ende noch die »grauen Herren« hießen. Nur Momo lässt sich nicht beirren, und eines Tages taucht die geheimnisvolle Schildkröte Kassiopeia auf, die Momo zu Meister Hora (Martin Freeman) führt. Nun liegt es an »Momo«, den Menschen die Zeit zurückzubringen.

Mit seinen deutlichen Reminiszenzen an die Gegenwart hat Ditter ganz klar ein jugendliches Publikum im Blick. Für Kinder sind manche Szenen eindeutig zu grausam. Das ältere Publikum dürfte sich durch die klassischen Elemente aus dem Roman und der ersten Verfilmung an die eigene Kindheit erinnert fühlen. Doch so ganz mag diese Adaption nicht berühren. Vielleicht liegt das auch an dem mit Kim Bodnia, Claes Bang und Martin Freeman erstklassigen internationalen Cast, der der Szenerie jedoch zugleich etwas Künstliches verleiht.

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