DVD-Tipp: »Peckinpah's West«
»Bloody Sam« und »Master of Violence«, so sind zwei Bücher über den 1984 verstorbenen amerikanischen Regisseur Sam Peckinpah betitelt. Wer nur das finale Massaker aus seinem Film »The Wild Bunch« kennt, ein Todesballett von nur sechs Minuten Länge, aber zusammengesetzt aus 352 Einstellungen, der dürfte zustimmend nicken. Aber wer diesen Film ganz gesehen hat, der weiß, dass das Ganze erheblich komplexer ist. Peckinpah erzählt immer wieder vom Ende des Westens: Das reicht von Autos – in »Sacramento« 1962 noch etwas, das den Westerner in Erstaunen versetzt, in »Abgerechnet wird zum Schluss«, 1970, schon etwas, das für den Tod des Protagonisten verantwortlich ist – bis zu den Männern, die das nicht akzeptieren wollen (aber auch solchen, die sich bereitwillig anpassen).
Zu Peckinpahs 100. Geburtstag ist jetzt eine Blu-ray-Box erschienen, die vier seiner fünf Kinowestern enthält. Es fehlt Peckinpahs Regiedebüt »Gefährten des Todes«, das er nicht vollständig nach eigenen Vorstellungen realisieren konnte. »Sacramento«, »Abgerechnet wird zum Schluss« und »Pat Garrett jagt Billy the Kid« liegen damit erstmals in Deutschland auf Blu-ray vor, was bisher nur für »The Wild Bunch« galt.
Die vier Filme enthalten das komplette Bonusmaterial der 2006 bei Warner als »Western Collection« erschienenen DVDs (deren Hauptverdienst die Audiokommentare der drei Peckinpah-Experten Garner Simmons, Paul Seydor und David Weddle waren), aber darüber hinaus jede Menge Neues.
Zwei der Filme erscheinen hier in verschiedenen Versionen: »The Wild Bunch« zusätzlich als 69 Sekunden längere Roadshow-Version, während »Pat Garrett jagt Billy the Kid« gleich in vier Fassungen vorhanden ist: der ursprünglichen Kinofassung von 1973 (106 Min.), der »50th Anniversary«-Fassung (117 Min.), der Turner-Preview-Fassung (121:42 Min.) und der Final-Preview-Version (121:50 Min.) – die DVD enthielt bisher nur die Kinofassung und die Turner-Preview-Fassung.
Schade, dass man die Chance verpasst hat, die verschiedenen Fassungen im Splitscreenverfahren gegenüberzustellen, die Unterschiede muss man dem Audiokommentar entnehmen. Das Splitscreenverfahren wird allerdings bei 23 Minuten aus der TV-Version angewendet, bei der gewalttätige Szenen durch anderes Material ersetzt wurden, um die Kinolänge nicht zu unterschreiten. Dieser Beitrag stammt von Mike Siegel, der seit seiner abendfüllenden Dokumentation über Peckinpah, »Passion & Poetry« (2009), für Veröffentlichungen von Peckinpah-Filmen immer wieder aus den Interviews schöpfen konnte, die er vorrangig 2002 geführt hat. Diese oral histories bestehen aus Interviews mit Darstellern, die mehrfach mit Peckinpah gearbeitet haben (L. Q. Jones, R. G. Armstrong, Kris Kristofferson, James Coburn, David Warner), sowie regelmäßigen Mitarbeitern wie Katy Haber, Gordon Dawson und Chalo González. Das ist häufig anekdotisch, vermittelt aber doch einiges über Peckinpahs Arbeitsweise, aber auch über sein häufig erratisches Verhalten am Set und über seine Auseinandersetzungen mit den Produzenten bzw. Studiochefs. Zwischen fünf und acht Gesprächspartner kommen in den Dokus zu Wort, erfreulicherweise in längeren Statements und ohne fortwährende Schnitte.
Zum weiteren Bonusmaterial zählen Trailer, die »Trailers from Hell«, in denen Filmschaffende persönliche Kommentare abgeben, die bei Plaion üblichen höchst umfangreichen Bildergalerien, zu »Abgerechnet wird zum Schluss« satte 125 Szenenfotos. Zu »The Wild Bunch« steuert Mike Siegel 13 Minuten an Deleted Scenes und neun Minuten an Outtakes bei.
Die Box enthält zudem vier Postkarten mit Plakatmotiven der Filme sowie ein 78-seitiges Booklet, bei dem ein Essay von Stefan Jung (der sich vorrangig mit den vier Filmen im Kontext des Westerngenres auseinandersetzt) 34 Seiten einnimmt, der Rest sind Standfotos und Plakatabbildungen zu den vier Filmen. Ein wirklich schönes Geburtstagsgeschenk.
Peckinpah's West R: Sam Peckinpah. Da: William Holden, Ernest Borgnine, Robert Ryan. Anbieter: Plaion.
VÖ: 27. Februar 2025
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