Nachruf: Wolfgang Petersen

14.3.1941– 12.8.2022
Wolfgang Petersen

Wolfgang Petersen

Blockbusterspezialist

Als die erste Staffel der Serie »Das Boot« 2018 auf dem Bezahlsender Sky lief, da war Wolfgang Petersen, wie er selbst sagte, »ziemlich böse«. Weil die Serie nur ganz wenig mit seiner Verfilmung des Romans von Lothar-Günther Buchheim zu tun hatte, nicht einmal ein Remake war – und doch ganz unverhohlen den gleichen Titel trug. Der Kultfilm »Das Boot« aus dem Jahr 1981, für Kino und auch als Mini-Serie fürs TV inszeniert, ist Petersens Opus magnum. Es war sechs Mal für den Oscar nominiert, auch in den USA ein Kassenerfolg und brachte dem Regisseur das Ticket nach Hollywood.

Vom Filmemachen dort habe er immer schon geträumt, hat Petersen immer wieder betont. Mehrere Jahrzehnte lang war er einer der begehrtesten Regisseure der Traumfabrik und ein Garant für Kassenerfolge. 

Zumindest vom Alter her gehört er zur Generation der Regisseure des »Neuen Deutschen Films«. Aber ein Autorenfilmer wollte er niemals sein. Zwar studierte Petersen von 1966 bis 1969 an der damals neu gegründeten DFFB, doch schon sein Abschlussfilm zeigte sein Erzähltalent und seine Vorliebe für populäre Genres. »Ich werde dich töten, Wolf« (1970) ist ein Krimi: Eine Frau macht sich auf, ihren Geliebten zu ermorden.

Dieses Werk brachte ihm das Angebot, einen Film für eine damals neue Fernsehkrimi-Reihe zu drehen, die in ihrer Anfangszeit für ihre sozial eingebundenen und genau recherchierten Stoffe berühmt wurde: »Tatort«. Insgesamt sechs »Tatorte« hat Petersen mit dem NDR-Kommissar Klaus Schwarzkopf gedreht, und sein letzter, »Reifezeugnis« (1976/77), wurde sein berühmtester. Die junge Nastassja Kinski spielt in diesem Psychodrama eine Schülerin, die ihren Lehrer liebt und einen Mitschüler erschlägt, weil der sie erpresst.

Petersens Heimat in den 70er Jahren war das Fernsehen, das damals sehr offen war für Experimente und Aufklärung. Für den WDR drehte er gesellschaftskritische Fernsehspiele, die für Diskussionen sorgten, etwa »Smog (1973). »Die Konsequenz« (1977) war die vielleicht erste homosexuelle Liebes­geschichte auf deutschen Bildschirmen – und der Bayerische Rundfunk blendete sich prompt bei der Ausstrahlung aus.

Die Hauptrolle in »Die Konsequenz« spielte Jürgen Prochnow, und mit diesem Schauspieler realisierte Petersen auch die bis dato teuerste deutsche Filmproduktion: »Das Boot« (1981). Es war ein desillusionierender Kriegsfilm, die Feindfahrt eines deutschen U-Boots im Kriegsjahr 1941. Der Film bezieht seinen Reiz aus dem Wechsel von Passagen der Langeweile an Bord und der Hektik der Gefechte, die Petersens Kameramann Jost 
Vacano mit Handkamera als Hetzen durch die Gänge und Schotten des Bootes in Szene setzte.

Nach »Das Boot« realisierte Petersen noch in den Bavaria-Studios zwei internationale und in Englisch gedrehte Großprojekte, »Die unendliche Geschichte« (1984) nach dem Roman von Michael Ende und »Enemy Mine« (1985). Dann siedelte er in die USA um. Mit seinem zweiten Film dort, »Die zweite Chance« (1993), gelang ihm sein amerikanisches Meisterwerk. Clint Eastwood spielt einen alternden Bodyguard, der den Anschlag auf den gegenwärtigen Präsidenten durch einen hochintelligenten und pathologischen Killer vereiteln muss. »Die zweite Chance« ist ein psychologisches Duell zwischen zwei Männern, zwei gebrochenen Charakteren, ungemein spannend inszeniert und doch mit viel Gespür für die Innenwelt der Figuren.

Spätestens seit seinem Viren-Thriller »Outbreak« (1995) galt er als erfolgsverwöhnter Spezialist für Big-Budget-Filme, der Action mit stimmiger Psychologie zu verbinden wusste. Er bewies das mit »Air Force One« (1997), »Der Sturm« (2000) und »Troja« (2004). Sein letzter US-Film »Poseidon« (2006), ein Remake des Schiffskatastrophenfilms »The Poseidon Inferno«, floppte aber.

Mittlerweile hatte sich die Filmwelt geändert: Die großen US-Studios setzten auf Superheldenfilme und Franchises großer Erfolge. In Deutschland inszenierte Petersen dann schließlich 2016 noch ein weiteres Remake, diesmal nach seiner eigenen Vorlage: die Gaunerkomödie »Vier gegen die Bank«, die trotz Starbesetzung unterging. 

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