Interview: Tommy Wirkola über »Violent Night«

»Violent Night« (2022). © Universal Studios

»Violent Night« (2022). © Universal Studios

Was mir an Ihrem Film gut gefallen hat, ist der zögerliche Held, der gar nicht weiß, welche Kräfte er hat und ob er überhaupt welche hat. David Harbour erzählte vorhin, dass das erst während der Dreharbeiten im Detail entwickelt wurde und dass er selber relativ früh in diese Arbeit einbezogen wurde. Ich vermute, von Ihnen stammt die Idee, dass er in einem früheren Leben ein Krieger der Wikinger war?

Ich wünschte, das wäre so gewesen, aber tatsächlich war diese Backstory schon im ursprünglichen Drehbuch vorhanden. Natürlich gefiel mir das gut und es machte auch durchaus Sinn für mich. Es stimmt, David Harbour wurde frühzeitig in diese Überlegungen miteinbezogen – ihm war es wichtig, wie sich nach und nach verschiedene Schichten seiner Figur herausschälen. Am Anfang ist er ja der klassische Weihnachtsmann, wie man ihn etwa aus der Coca-Cola-Werbung kennt – mit Zipfelmütze, roten Stiefeln und runden Brillengläsern. Wir haben lange überlegt, wie und wann wir seine verborgenen Fähigkeiten enthüllen. Wir wollten nicht, dass er allzu schnell zu einem Helden heranreift. Das sollte vielmehr ein langwieriger Prozess sein – einer, bei dem er die ersten Auseinandersetzungen nur mit Mühe überlebt. Ich schätze solche langsamen Entwicklungen.

Gab es bestimmte Weihnachts- oder Actionfilme, die Sie hier inspiriert haben?

Zentrale Inspiration bezogen die beiden Autoren natürlich aus »Stirb langsam«. Das war auch für mich ein wichtiger Bezugspunkt, zu meinen Lieblingsweihnachtsfilmen zählen aber auch »Scrooged« mit Bill Murray und »National Lampoon's Christmas Vacation« – deswegen war es ein besonderes Vergnügen, Beverly D'Angelo, die damals die Ehefrau von Chevy Chase verkörpert hatte, in unserem Film als Matriarchin der Familie zu besetzen. »Das Wunder von Manhattan« war wichtig, was die spirituelle Reise des Weihnachtsmanns anbelangt, sein Verhältnis zu dem kleinen Mädchen, aber auch »Bad Santa«, der trotz aller Boshaftigkeiten ein Weihnachtsgefühl vermittelt.

Das sind Filme in ganz unterschiedlichen Tonlagen...

Ich habe eine besondere Vorliebe für Filme, denen es gelingt, verschiedene Tonarten miteinander zu verbinden. Hier war entscheidend, dass sich dieser Film wie ein Weihnachtsfilm anfühlen sollte – trotz all der Verrücktheiten, trotz all des Blutvergießens. Wenn wir vor allem die Beziehung, die sich zwischen dem Weihnachtsmann und Trudy, dem kleinen Mädchen, entwickelt, richtig hinbekommen würden, dann könnten wir bei allem Anderen so verrückt wie möglich sein. Wir hatten Spaß dabei, einige bekannte Weihnachtsfilme zu zitieren, darunter »Kevin allein zu Haus«; auch unser Production Designer hat in dieser Hinsicht einige easter eggs eingebaut.

Der Film wirkt sehr physisch, in den Kampfszenen, aber auch in den Interieurs, die offenbar nicht in einem gutgeheizten Studio entstanden?

Oh nein! Ich selber komme ja aus Norwegen, von der nördlichsten Ecke des Landes – aber die Produktion fand einen Ort in Kanada, wo es tatsächlich noch kälter war als dort, minus 25 bis 30 Grad Celsius, dazu ein konstanter Wind, das war schon eine Herausforderung. Dazu kam, dass diese Außenszenen nachts gedreht wurden und komplizierte Spezialeffekte beinhalteten. Da werden nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Crewmitglieder ungehalten, wenn das zu lange dauert und sie nur noch den Wunsch haben, wieder nach Drinnen ins Warme zu kommen. Aber ich kann sagen, dass ich das auch zu würdigen weiß, weil es das Gezeigte einfach realistischer macht.

Sie haben, nachdem Sie 2009 mit »Dead Snow« international bekannt wurden, sowohl den amerikanischen Actionfilm »Hänsel und Gretel: Hexenjäger« als auch zwei Filme mit Noomi Rapace gedreht, die eher kammerspielartig waren, »What Happened to Monday?« und zuletzt »The Trip – ein mörderisches Wochenende«...

Das ist mir wichtig, weil ich bei Filmen in Norwegen im allgemeinen vollkommene Freiheit habe. Aber ich muss sagen, das war hier ähnlich. Universal hat uns hier sehr unterstützt. Wir haben das Drehbuch nach vorgenommenen Veränderungen mehrfach an sie geschickt und sie haben immer 'ja' gesagt. Das war für mich der erste Film, bei dem europäisches und amerikanisches Filmemachen zusammenkamen.

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