05/2013

In diesem Heft

Tipp

Realistisches Kriegsstück – Der TV-Erfolg »Unsere Mütter, unsere Väter« ist auch auf Blu-Ray erschienen

Filmkritik

Die wahre Geschichte des 19-jährigen Deutschtürken Murat Kurnuz, der nach dem 11. September in Pakistan aufgegriffen und fünf Jahre lang in Guantanamo festgehalten wird, obwohl ihm keinerlei Verbindungen zum islamistischen Terrorismus nachgewiesen werden können, erzählt dieser Film auf angenehm nüchterne Weise als Psychoduell zwischen einem Mann, der aus seiner Unschuld seinen Überlebenswillen bezieht, und dem ihn verhörenden amerikanischen Beamten
Werner Schweizers Porträt einer außergewöhnlichen Liebe zwischen dem erzkonservativen Richter und Nationalrat Peter von Roten und der liberalen Frauenrechtlerin Iris Meyer lebt von der Spannung zwischen Liebe und Kampf, zwischen Dokumentation und Spielfilm
Punker Not bettelt in jenem Einkaufszentrum, in dem sein Bruder als Matratzenverkäufer arbeitet. Als dessen bürgerliche Existenz zerbricht, lehrt Not ihn den Way of Life eines Provinzpunks. Die absurde Tragikomödie des französischen Satirikerduos Kervern/Delépine erschöpft sich zwar meist in grotesken Episoden rund um den Konsumtempel. Doch ihre traurige Anarchokomik ist treffsicher wie gewohnt
James Ponsoldts Alkoholikerdrama unterscheidet sich von den zahlreichen Vorgängerwerken vor allem durch seine entspannte Haltung zum Sujet. Er beschäftigt sich mit dem Alkoholismus als Lebensgefühl und der Eigendynamik, die daraus für eine Liebesbeziehung entsteht. Es überwiegt der nüchterne Blick auf eine Frau, die den eigenen Suchtstrukturen zu entkommen versucht
Die bewegende Dokumentation über zwei jüdische Familien, die sich mehr als 500 Tage in einer Höhle vor den Nazis versteckten, krankt an ihrer fernsehgerechten Umsetzung. Regisseurin Janet Tobias hätte der Geschichte der Überlebenden mehr vertrauen sollen
Nicht nur ein Film für ein reiferes, an klassischer Musik interessiertes Publikum – denn hinter der ruhigen Fassade von Yaron Zilbermans hochkarätig besetztem Film über die Turbulenzen in einem New Yorker Streichquartett verbirgt sich eine melancholische Beziehungskomödie und wilder Rock 'n' Roll
Der letzte Teil von Ulrich Seidls »Paradies«-Trilogie erzählt eine sinistre Coming-of-Age-Geschichte, kann aber an die wuchtige Präzision der beiden Vorgängerfilme nicht anschließen
Experimentelle Avantgarde-Doku über den Alltag auf einem industriellen Fischfangboot. Atemberaubende, so nie gesehene Bilder und eine komplexe Tongestaltung machen den Film zu einem ebenso anstrengenden wie außergewöhnlichen Erlebnis
Nur eine weitere Hitchcock-Hommage? Nein, trotz zahlreicher Referenzen ist dieser Thriller über ein Mädchen, das durch ihren zwielichtigen Onkel in Kontakt mit dem Bösen kommt, ein sehr eigenständiges Werk – und unverkennbar eines von Park Chan-Wook, der mit berauschenden, oft surrealen Bildern und vielen Ambivalenzen ein weiteres Mal zu faszinieren weiß
Bei einer Mordermittlung gerät ein einsamer Londoner Polizist in den Bann einer rätselhaften Frau. Barnaby Southcombe greift in seinem Kinodebüt nicht nur typische Motive und Topoi des Film noir auf. Er beschwört auch noch einmal dessen von tiefster Einsamkeit und existenzieller Verunsicherung geschwängerte Atmosphäre herauf
Matt Sweetwoods Bierdoku ist ein klassisches Exportprodukt, das die Projektionen extraeuropäischer Bierfans über »deutsche Bierkultur « gut bedienen dürfte. Übrigens auch hier wieder: It’s a man’s man’s man’s world
Intrigenspiele in einer Berliner Werbeagentur: Von Brian De Palma mit ernüchternder Lustlosigkeit inszenierter Thriller, der sich auch visuell auf dem Niveau eines besseren Fernsehspiels bewegt
Akribischer Dokumentarfilm über B. B. King, einen der bedeutendsten Wegbereiter des Blues. Neben B. B. King, den Filmemacher Jon Brewer für sein Projekt über zwei Jahre lang begleitete, kommen zahlreiche namhafte Musiker zu Wort, von Aaron Neville bis Bono und von Leon Russell bis Mick Jagger. Vor allem in diesen Interviews entsteht ein eindrucksvolles, aber nicht ganz neues Bild der Blueslegende
121 Staaten sind dem Abkommen für einen Internationalen Strafgerichtshof bisher beigetreten, wichtige Länder wie die USA, Russland und die Türkei fehlen. Der Film von Marcus Vetter und Michele Gentile will das ändern und kommt folgerichtig auch ästhetisch eher als Werbe- denn als Dokumentarfilm daher
Der Film zur Frauen-WM: Doch der von Sung-Hyung Cho bei Full Metal Village so erfolgreichpraktizierte persönlich-ironische Seitenblick funktioniert hier nicht. Die Zuschauer, die sich schon vorher ein wenig für Frauenfussball interessierten, dürften wenig Neues entdecken
Ein paar spannende Ansätze und die prächtige Gestaltung können bei diesem postapokalyptischen Thriller leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass er hauptsächlich aus Versatzstücken besteht und sich in allzu gewollten Wendungen verliert. Als Tom-Cruise-Actionvehikel unterhaltsam, enttäuscht er als ambitionierte Endzeitvision
Mit seiner teilweise originellen Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm erweist Konstantin Faigle sich als unverbesserlicher Weltverbesserer
Calin Peter Netzers Film ist ein würdiger Gewinner des Goldenen Bären: Ein Meisterstück des indirekten Erzählens, das eine Familientragödie mit bewegender Konsequenz zu einer Bestandsaufnahme der rumänischen Gesellschaft weitet
Eine ziellose 21-Jährige, eine weit über 80-jährige Witwe und eine Thermoskanne voller Geld: Das sind die Zutaten für einen typisch amerikanischen Independentfilm. Doch Dree Hemingway und Besedka Johnson verleihen ihren Figuren so viel Herz und Eigensinn, dass Sean Bakers bizarres Konstrukt perfekt aufgeht
Der dritte Teil von Mario Schneiders Trilogie über das Mansfelder Land ist ein Dokumentarfilm, der zart und ausführlich vom Kindsein in einem Kulturraum erzählt, in dem man zu Karnevalszeiten 1 000 Jahre alte Traditionen wie das »Dreckschweinfest« pflegt
Ein junger Mann verrät im ausgehenden Fin de Siècle die Liebe seines Lebens – Jos Stelling hat einen melancholischen und untergangssüchtigen Film gedreht über zwei Menschen, die sich nicht finden können. Mit einem großartigen Dieter Hallervorden
Schimpansen ist eine genial aufgenommene Tierdokumentation über unsere nächsten Verwandten im afrikanischen Dschungel. Leider stülpen die Filmemacher eine konstruierte Geschichte darüber, die den Aufnahmen ihre Authentizität nimmt. Am besten man vertieft sich in die Bilder und hört nicht auf die Erzählerstimme
Bislang war Roman Coppola vor allem Drehbuchautor für Wes Anderson. In dieser Komödie zeigt er, wie es im Kopf von Charlie Sheen aussieht, der hier als flamboyanter Hollywoodstar einfach sich selbst spielt – übrigens ohne dabei allzu vulgär zu sein
Filmstudent Wolfram Huke drehte über den Zeitraum eines Jahres ein Filmtagebuch über seinen Versuch, eine Freundin zu finden. Anfangs spannend, sind die Streiflichter auf die verschiedenen Aspekte seines unfreiwilligen Mönchstums jedoch zu fahrig, um tatsächlichen Erkenntnisgewinn zu bringen – eine Vermeidungsstrategie, die wiederum das Symptom des Filmemachers abzubilden scheint
Remake des berüchtigten Splatterfilms von 1981 über eine vom Bösen bevölkerte einsame Hütte im Wald. Das simple Handlungsgerüst erweist sich einmal mehr als effektive Plattformfür eine Aneinanderreihung drastischer Abscheulichkeiten, die für das Genre unabdingbar sind
Peter Mettlers bildgewaltiger Essayfilm will wissen, was Zeit ist, stößt darüber auf häufig recht abstrakte Antworten und erzählt so eine Geschichte gleich über das ganze Universum
Eine Kaskade der Spiegeleffekte, ein Roman über die Entstehung eines anderen Romans. Als Schriftsteller sind Bradley Cooper und Dennis Quaid nur leidlich glaubwürdig besetzt, dennoch stellt sich der Zuschauer regelmäßig die Frage: Und was geschah dann?

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