Kritik zu Typisch Emil
Dokumentation über den Schweizer Kabarettisten Emil Steinberger, dessen Hauptrolle in dem Kinofilm »Die Schweizermacher« ihn 1979 auch dem deutschen Kinopublikum bekannt machte
Es beginnt mit einem nicht mehr ganz jungen, weißhaarigen Herrn, fast immer begleitet von einer ihm zugewandten Frau (später werden wir erfahren, dass es seine Ehefrau Niccel ist und auch die außergewöhnliche Geschichte, wie die beiden zusammenkamen). Gleich darauf ist der Mann der Geehrte bei der Verleihung eines Lifetime Awards, wo ihn der Moderator als »the king of Swiss comedy« vorstellt. Da haben wir es offenbar nicht mit einem Unbekannten zu tun. Um Emil Steinberger, der Anfang dieses Jahres seinen 92. Geburtstag feierte, zu kennen, muss man aber entweder ein Interesse an der Gattung des Kabaretts haben oder aber schon so alt sein, dass man sich an den bis dahin größten Kassenerfolg der Schweizer Filmgeschichte erinnert.
»Die Schweizermacher« hieß die von Rolf Lyssy inszenierte satirische Komödie, in der Emil Steinberger und sein Vorgesetzter als Schweizer Beamte zu urteilen hatten über die »Integrationswilligkeit« ausländischer Mitbürger, während Politiker wieder einmal die Parole ausgaben: »Das Boot ist voll« (um den Titel eines anderen Schweizer Filmklassikers zu zitieren).
Das wäre angesichts der heute wieder debattierten Einwanderungsfrage ein guter Ansatzpunkt gewesen, um Emil Steinberger einem jüngeren Publikum nahezubringen, auch um zu überprüfen, ob die Satire des Films heute noch funktioniert. Wer aber in Erinnerung an das damalige Filmerlebnis sich heute diesen Dokumentarfilm anschaut, kommt in dieser Hinsicht nicht auf seine Kosten.
»Typisch Emil« lässt eine Karriere in chronologischer Form Revue passieren: ein Elternhaus, das Kreativität nicht unbedingt förderte, früheste Auftritte im jugendlichen Alter, die ungeliebte Arbeit bei der Post, die Steinberger mit 27 Jahren kündigte, die Kabarettkarriere, bei der ihm eine Saison im Zirkus Knie 1972 ein neues Publikum erschließt, Gastauftritte in deutschen Spiel- und Talkshows, die zeitweise Verabschiedung seiner »Emil«-Figur samt einem längeren New-York-Aufenthalt in den neunziger Jahren, seine dortige Eheschließung mit Niccel, schließlich die Rückkehr in die Schweiz und die wiedergefundene Freude an dem, was er früher gemacht hat.
Dabei werden immer wieder Ausschnitte aus einzelnen Sketchen eingeblendet. Unter den Statements von sechs Freunden und Kollegen bleiben die längeren des Theatermachers Christoph Marthaler in Erinnerung, die versuchen, das Spezielle von Emils Komik zu definieren. Am stärksten ins Gedächtnis prägt sich allerdings Emils eigene Erzählung darüber, dass seine Mutter einmal seinen Auftritt im Zirkus Knie besucht habe und auf die Frage, was ihr am besten gefallen habe, antwortete: »Der alte Herr Knie.«
Was der Film ganz ausspart, jenseits der Unzufriedenheit des Künstlers mit der von ihm geschaffenen Kunstfigur, ist die Veränderung der Kunstform Kabarett, in der Publikumsgunst mittlerweile abgelöst von »Comedians«, vor denen es kein Entrinnen gibt, wenn man abends durch die Fernsehprogramme zappt.
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