Kritik zu Teresa – Ein Leben zwischen Licht und Schatten

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Glaube, Ehrgeiz, Wut: Noomi Rapace porträtiert in diesem minimalistischen, im Jahr 1948 angesiedelten Drama die zukünftige heilige Mutter Teresa als ­eine Macherin, die sich ihren eigenen Dämonen stellen muss

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Mutter Teresa ist eine katholische Ikone und Sinnbild der Nächstenliebe. Doch die 1997 in Kolkata verstorbene Ordensfrau ist auch umstritten. Regisseurin Teona Strugar Mitevska stammt wie die in Skopje geborene Nonne aus dem heutigen Nordmazedonien. Schon vor 15 Jahren befasste sie sich im Dokumentarfilm »Teresa und ich«, in dem sie die noch lebenden Schwestern des von Mutter Teresa gegründeten »Ordens der Missionarinnen der Nächstenliebe« befragte, mit ihrer berühmten Landsmännin.

In diesem Drama fühlt sie sich an sieben aufeinanderfolgenden Tagen im Jahr 1948 erneut in den Charakter der charismatischen Heiligen ein. Teresa ist zu diesem Zeitpunkt Oberin eines Ordens der Loretoschwestern in Kolkata und arbeitet als Lehrerin und Schulleiterin. Doch sie will ihrer Berufung folgen und ihren eigenen Orden gründen, um sich ganz den Armen zu widmen. Nach zwei Jahren des Bittbriefeschreibens ist die päpstliche Erlaubnis endlich in greifbarer Nähe. An diesem Wendepunkt wird sie mit einem Dilemma konfrontiert. Schwester Agnes, die die charismatische Teresa schwärmerisch verehrt und von dieser zur Nachfolgerin auserkoren wurde, gesteht ihr, schwanger zu sein. Was tun?

Die konzentrierte Inszenierung basiert auf Alltagsszenen und Dialogen aus den Aussagen des Dokumentarfilms, doch der zentrale Konflikt ist absichtsvolle Erfindung. Agnes' Not soll handfest aufzeigen, wie sich Teresas vehemente Gegnerschaft zur Abtreibung, etwa in ihrer Rede zur Verleihung des Nobelpreises 1979 zu hören, in der Realität auswirkt. Zugleich ist Teresa das Vorbild einer Karrierefrau, eine Macherin, die in einer männerdominierten Institution die Gründung eines eigenen Ordens durchsetzt. Durch Agnes' Zustand wird sie mit den eigenen Sehnsüchten und Zweifeln konfrontiert und in ihrem Glauben an die eigene Rechtschaffenheit erschüttert.

Die zierliche Noomi Rapace in der Hauptrolle ist furchterregend in ihrer Energie und unterdrückten Wut, wenn sie, die Kamera an ihr klebend, mit wehendem Habit durch die Flure des Klosters fegt. Der Film kommt mit wenigen, aufgeladenen Dialogen aus. Die Atmosphäre der schmucklosen Räume ist erstickend. Tatsächlich wirkt Teresa nur draußen frei und gelöst, wenn sie in den Slums Kranken die Maden aus den Wunden zieht und hungernde Kinder mit Kügelchen selbst gebackenen Brotes speist. Der Punkrock-Soundtrack, ein kreativer Stilbruch, verweist auf ihre innere Erschütterung. Wie kann Teresa, so mitfühlend bei unbekannten Armen, Agnes gegenüber so gnadenlos sein? Wie viel Eitelkeit steckt in ihrer Mission? Schade nur, dass in der Inszenierung auf Horrorfilmelemente zurückgegriffen wird. Denn in der Darstellung weiblicher Zwangslagen und der Ambiguität menschlichen Strebens weist dieses dichte Porträt auf anregende Weise über die Persönlichkeit der Heiligen hinaus.

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