Kritik zu Sunburned

© Camino Filmverleih

Carolina Hellsgård mischt Familienszenen, Momente eines Reifeprozesses und die Flüchtlingsfrage in einen Film, der keine Lösungen bereithält, aber sehr lakonisch die großen Fragen stellt

Bewertung: 4
Leserbewertung
5
5 (Stimmen: 1)

Die dreizehnjährige Claire macht mit ihrer großen Schwester Zoe und ihrer Mutter Ferien in der etwas heruntergekommenen spanischen Ferienanlage Club Ten. Zwischen einer schematisch lustlosen Animation und dem normalen Strandleben sucht sie nach einer eigenen Erfahrung, nach etwas, das ihr als Erinnerung bleiben könnte. Noch hat sie keinen Jungen geküsst, aber auch das soll sich in diesem Urlaub ändern. Während sich Zoe tatsächlich verliebt und jede Minute mit ihren Schwarm verbringen will, die Mutter den abwesenden Vater ganz offen betrügt, freundet sich Claire mit einem jungen Strandverkäufer aus dem Senegal an. 

Amram ist allein nach Spanien gekommen und verkauft Armbänder und Perlenketten aus Afrika. Im Traum erscheint ihm sein Vater, der hofft, mit dem Verdienst des Sohnes die bittere Armut zu Hause etwas lindern zu können. Aber Amram verdient kaum genug, um selbst zu überleben. Als Claire ihm die Kreditkarte und den Ehering der Mutter zusteckt, um ihm zu helfen, erreicht sie das Gegenteil. Nun ist er als Dieb auch noch in seinem Flüchtlingslager geächtet. Sie erkennt, dass all ihre Mühen vergeblich sind, dass sie Amrams Lebenssituation nicht beeinflussen, geschweige denn verbessern kann. Und doch versucht sie es noch einmal. 

Das Bild der Vergeblichkeit, das sich dann eröffnet, ist einer der Höhepunkte dieses Films. Mit Claire erkennen wir, dass man kaum etwas tun kann in einem fremden Land zwischen den Kulturen. Irgendwann wird Claire in einer kleinen Boutique einen Burkini überstreifen. Die Mutter und die große Schwester versuchen sich im Partner-Glitzer-Look. Kopfschüttelnd schauen sie ihr zu. Und der Film fragt offen, wer sich hier absurd verhält. Als Claire dann am Strand einschläft und völlig verbrannt aufwacht, sagt sie nur: »Na und? – ich find’s cool.« Die verbrannte Haut macht sie zu einer Unberührbaren, zu etwas Besonderem. Sie wird darin Amram zwar nicht gleich, aber manövriert sich ebenfalls in eine Außenseiterposition. Zwischen Sehnsucht und Hilflosigkeit sucht sie nach sich selbst. 

»Sunburned« ist der dritte Spielfilm der in Berlin lebenden Schwedin Carolina Hellsgård. Sie liebt es, mit den Genres zu spielen und ihnen einen neuen Ton zu verleihen. Ihr erster Film »Wanja« mit Anne Ratte-Polle erzählte die Geschichte einer ehemaligen Bankräuberin. Ihr zweiter, »Endzeit«, war ein poetischer Zombie-Horrorfilm, der mit Weimar und Jena sich die Orte der deutschen Romantik zunutze machte. »Sunburned« wiederum ist keine normale Urlaubsgeschichte. Viel mehr zeigt sich hier, wie ähnlich sich die vermeintlich unterschiedlichen Menschen sein können. Deutlich wird, dass Afrika ein Lebensraum ist und kein Schicksal – und dass wir uns in unserem Wohlstand kaum schuldig fühlen. In einer Szene will eine blasse Touristin Sex von dem Jungen kaufen. Er nennt ihr den Preis, als wäre dieser für eine Halskette. Als beide auch noch zu feilschen beginnen, wird jedes ethische Gefühl vernichtet. Ich brauche das Geld wirklich, wird er später sagen. Der Film lässt daran keinen Zweifel.

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