Kritik zu Schwarz auf Weiß – Eine Reise durch Deutschland

© Warner Bros. Pictures

2009
Original-Titel: 
Schwarz auf Weiß – Eine Reise durch Deutschland
Filmstart in Deutschland: 
24.12.2009
L: 
86 Min
FSK: 
12

Günter Wallraff glaubt an die Wirkungsmacht des Kinos. Sein neuer Film, in dem er in der Rolle eines Somaliers das Verhältnis der Deutschen zu Fremden untersucht, soll Diskussionen auslösen

Bewertung: 2
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Wallraff will, dass Menschen, die den Film sehen, »ihre eigene Einstellung reflektieren und gegebenenfalls überdenken werden. Das war damals bei »Ganz unten« auch so. Das hat Brücken gebaut, es sind Freundschaften entstanden.« Wallraff, einer der großen Enthüllungsjournalisten des Landes, ist auch mit 67 noch Optimist.

Der Kölner Autor ist ein Jahr lang mit angemaltem Gesicht, Afroperücke und dunklen Kontaktlinsen durch Deutschland gereist, um herauszufinden, was man als Schwarzer in diesem Land erleben kann; seine Erfahrungen hat er auch in einem Buch verarbeitet. Als Kwami Ogonno aus Somalia war er in Brandenburg und in Bayern, in Köln und Düsseldorf. Der Film beginnt mit atavistischem Gegrummel und Gläserklirren. Auch Schreie sind zu hören. Und dann Wallraffs/Kwamis leise, fast zarte Stimme: »Warum so aggressiv? « Die Antwort kommt in bedrohlichem Forte: »Afrika für Affen, Europa für Weiße«.

Kwami Ogonno ist an den meisten Orten, die er aufsucht, nicht willkommen. Er wird misstrauisch beäugt, man macht sich lustig über den Fremden, der so gut deutsch spricht, spielt manipulative Spielchen – oder bedroht ihn sogar. In der Maske, wo sich Wallraff anfangs in einen Afrikaner verwandelte, war noch Zuversicht im Spiel. Der »Zweckoptimist«, der auch undercover auf den berühmten Wallraff-Schnauzer nicht verzichtete, strahlte eine gewisse Hoffnung aus, ihm möge es auf seinen Reisen gut ergehen.

Verkabelt, mit Kamera im Knopfloch, nahm er danach eine Wirklichkeit auf, die eher Pessimisten bestätigt. Der alltägliche Rassismus ist in Deutschland Realität. Ob mit versteckter Kamera beobachtet oder von Mitarbeitern Wallraffs mit HD-Kamera gefilmt: Die meisten Menschen, denen er begegnet, haben keine Scheu, ihre Ressentiments auszudrücken. Nicht nur im Osten Deutschlands. Einige der Aufnahmen sind jedoch von den Regisseuren Pagonis Pagonakis und Susanne Jäger bearbeitet, Gesichter und Dialoge verfremdet worden.

»Ganz schwarz, ganz schlimm«, sagt eine Kölner Wohnungsvermieterin im jovial-verschmitzten Ton über den potenziellen Mieter Kwami Ogonno. Als kleiner Sarotti-Mohr und Roberto Blanco wird Kwami diffamiert. Nach dem Fußballspiel Cottbus – Dresden fährt er mit angetrunkenen Fans im Zug, da liegt Gewalt in der Luft. Wallraff verdankt seine Sicherheit einer couragierten Polizistin.

Der Film setzt sich aus Momentaufnahmen zusammen, das ergibt keine repräsentative Analyse, lediglich ein Stimmungsmosaik. Manche der Erkenntnissiege des investigativen Journalisten sind jedoch leicht errungen. Er spielt, nahe an der Karikatur, mit dem Image des naiven, absurd freundlichen Sonderlings, der sich den Menschen als Begleiter und Gesprächspartner aufdrängt. Das programmiert, ob in Gummersbach oder Halle, Ablehnung – unabhängig von der Hautfarbe. Zum anderen gefällt es Wallraff, die Engstirnigkeit und Unsicherheit der kleinen Leute, der Spießer in den verqualmten Kneipen und lautstarken Ignoranten vor den Discos bloßzustellen. Er führt sie genauso vor, wie sie Kwami Ogonno vorführen.

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