Kritik zu Mrs. Harris und ein Kleid von Dior

© Universal Pictures

Lesley Manville in einem nicht uncharmanten Mode-Märchen nach einer populären Vorlage

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Es ist Liebe auf den ersten Blick, eine Amour fou für die Londoner Putzfrau Ada Harris, als sie zum ersten Mal diesen wunderschönen Haute-Couture-Traum in Händen hält, ein Dior-Kleid, das über und über mit weiß, rosa und lila schillernden Seidenblumen und Pailletten bestickt ist. Eine ihrer Auftraggeberinnen hat es für die Hochzeit ihrer Tochter gekauft und prahlt mit dem astronomischen Preis von 500 Pfund, während sie Ada gleichzeitig seit Wochen den Lohn schuldig bleibt. Aus der Perspektive einer Putzfrau ist es völlig unerschwinglich, doch Ada Harris hat fortan einen Traum.

Ada ist eine einfache Frau mit bescheidenen Bedürfnissen, ihr Mann ist aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zurückgekehrt, mit ihrer besten Freundin geht sie zum Tanzen in die Kneipe, und nach Feierabend verdient sie sich etwas Geld als Kunststopferin dazu – eine gewisse Affinität zur Kunst des Nähens bringt sie also mit in diese Geschichte. Der amerikanische Schriftsteller Paul Gallico hat Ada erfunden und mit einer Buchserie in allerlei Abenteuer geschickt. In den 80er Jahren wurde sie in deutschen Verfilmungen von Inge Meysel verkörpert, auch Angela Lansbury ist für »Das schönste Kleid der Welt« schon nach Paris gereist. Lesley Manville verleiht ihr jetzt bei aller kitchen sink-Erdung, die sie aus den Filmen von Mike Leigh mitbringt, doch eine ganz neue Note von Anmut, Eleganz und tiefer Menschlichkeit, mit der sie auf ihrem Weg zum maßgeschneiderten Kleid viele Menschen berührt und bezaubert. In gewisser Weise ist »Mrs. Harris und ein Kleid von Dior« eine Cinderella-Story, die am Ende für die Witwe in den Armen eines Mannes endet.

Ein paar Unebenheiten muss sie bewältigen, bevor sie mit ihrem Köfferchen ins Flugzeug steigen kann, um ahnungslos in Paris in einer Wartehalle voller Clochards zu landen. Denn natürlich hat sie völlig falsche Vorstellungen vom Kauf eines Haute-Couture-Kleids, ahnt nicht, dass es ihr tagelang auf den Leib geschneidert werden muss. Der Charme der märchenhaften Erzählung besteht aus dem Kontrast zwischen dem einfachen Leben einer Putzfrau und der mondänen Welt der Mode, in der sich Mrs. Harris als fish out of water mit anpackendem Drive und gesundem Menschenverstand über alle Standesdünkel hinwegsetzt, die Isabelle Huppert als biestige Chefassistentin ein bisschen überzogen repräsentiert. Während sie die einfache Frau aus den heiligen Dior-Hallen fernhalten will, fliegen Ada alle Herzen zu, ein wohlhabender, verwitweter Comte (Lambert Wilson) nimmt sie als Begleitung mit zur Modenschau, die natürlich just in dem Moment beginnt, als Mrs. Harris vor der Tür steht. Die Models, Näherinnen und Buchhalter der Firma erkennen eine verwandte Seele, der sie stellvertretend ihren Traum verwirklichen wollen. Auch wenn der amerikanische Regisseur Anthony Fabian in Tonfall und Rhythmus recht sprunghaft ist und vor allem die Pariser arg klischeehaft geraten sind, entfaltet das sanft plätschernde Modetraummärchen durchaus liebenswerten Charme.

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