Kritik zu The Long Walk
Überlebenskampf als brutaler Gladiatoren-Wettbewerb: »Die Tribute von Panem«-Regisseur Francis Lawrence verfilmt Stephen Kings dystopischen Roman »Todesmarsch«
Fünfzig junge Männer aus verschiedenen US-Bundesstaaten nehmen freiwillig an einem Todesmarsch teil, einem Ausflug ins Nirgendwo ohne Ziellinie. Eine Geldprämie erhält allein derjenige, der sich nach tagelangen Strapazen als Letzter auf den Beinen halten kann. Das Szenario nach einem noch unter Pseudonym verfassten Roman des 19-jährigen Stephen King erinnert an »Die Tribute von Panem«, dessen Regisseur Francis Lawrence auch hier für die Inszenierung verantwortlich zeichnet. Ähnlich wie in der Netflix-Serie »Squid Game«, wo die Solidarität unter den Teilnehmern durch die Logik des Wettbewerbs konterkariert wird – den nur derjenige gewinnt, der alle anderen tot hinter sich lässt –, geht es auch in »The Long Walk« um eine zynische Verführung zur Verwahrlosung.
Dieser menschenverachtenden Vorgabe trotzen Philip Seymour Hoffmans Sohn Cooper Hoffman als #47 und David Jonsson als #23. Während sie sich solidarisch stützen, werden die Übrigen einer nach dem anderen erschossen, sobald sie jeweils vor Entkräftung die Grundgeschwindigkeit von fünf km/h unterschreiten. Wobei die Brutalität der Metzel-Orgie sich im Zuge einer Überbietungslogik der Grausamkeiten von Mal zu Mal steigert. Wer nicht mehr kann und rasch seine Notdurft zu verrichten versucht, erhält, noch hingekauert, einen Kopfschuss.
Die formale Stringenz der Inszenierung hat ihre Momente, macht aber auch Schwächen der Vorlage sichtbar. Denn jene Militärdiktatur, die Menschen dazu bringt, an einem solchen Marsch teilzunehmen, wird nicht einmal in Umrissen gezeichnet. Dass das aufgezeichnete Spektakel Unterhaltung für TV-Zuschauer ist, bleibt eine Behauptung. Mark Hamill als voyeuristischer Major, für dessen sadistischen Voyeurismus dieser Torture Porn inszeniert wird, agiert schattenhaft. Vor allem aber ist im redseligen Verhalten der jungen Männer deren Herkunft aus einer wirtschaftlich dysfunktionalen Gesellschaft nicht ablesbar. Und so wird der Film in seiner eindimensionalen Absehbarkeit bald ermüdend.
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