Kritik zu Himbeeren mit Senf

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Ein verwitweter Bestatter und seine verliebte Teenagertochter: Ruth Olshan stellt in ihrem Jugendfilm die Frage nach der Liebe – vielfältig, fantasievoll und mit sommerlichem Feingefühl

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»Man soll die Liebe auch nach dem Tod pflegen!«, sagt die alte Grete (Inge Maux), als sie mit der 13-jährigen Meeri und deren kleinem Bruder Luk ein kleines, aber stilvolles Begräbnis für Flora vorbereitet. Flora war Luks (Benedikt Jenke) Lieblingshuhn, und es wird nun tatsächlich nicht gegrillt. »Papa pflegt sie schon vor dem Tod«, entgegnet Meeri (Leni Deschner) und schaut etwas betreten auf das inzwischen 15. »Blind Date«, das den Vater Ernst (Luc Schiltz) nach dem Tod der Mutter aus seiner Einsamkeit befreien soll. 

Die Kinder wissen ziemlich gut, wie man den Platz der Mutter frei hält, und vertreiben eine »Neue« nach der anderen. Bis die hochschwangere Charlotte (Fabienne Elaine Hollwege) auftaucht, sich weder von den Leichen im Keller von Ernst (er ist Bestatter) noch von den frechen Bemerkungen seiner Kinder abschrecken lässt. Auch Meeri ist verliebt, in den 16-jährigen Rocco, der allerdings nicht mehr als Freundschaft will und sie gern seinem kleinen Bruder Matti (Ben Bernar) überlassen würde. Den schätzt Meeri zwar für sein gefühlvolles Gitarrenspiel, aber er lässt sie nicht in Liebe abheben. Denn immer dann, wenn sie an Rocco denkt, werden ihr die sprichwörtlichen Flügel verliehen, und sie schwebt leicht und glücklich durch die Lüfte. Unterstützt von ihrer Freundin Klara (Sophie Zeniti), die die erste katholische Priesterin werden will, dabei Jesus auf ihrer Seite weiß und nur die Macht des Papstes überwinden muss. 

Es gibt Herzklopfen in diesem Film, zahlreiche sanfte Todesfälle, einige erste Küsse und einen klaren Fall von Mobbing, in blühender ländlicher Sommerlandschaft, ohne Zwänge, größere Sorgen und Konflikte. Am Schluss liegen sich alle symbolisch in den Armen und man fragt sich, aus welchem Märchenbuch der Stoff wohl herausgefallen ist. Viel Himbeeren bietet dieser Film und nur ganz wenig Senf, alles wirkt ein wenig überzuckert und wohlgefällig. Es gibt kaum Reibungsflächen, die länger als drei Minuten nachhallen. 

Wenn man Kindern und Jugendlichen die Liebe erklären will und weiß, dass sie ein hinterhältiges Gefühl sein kann, das auf Erfüllung drängt, braucht es mehr als nur einen Absturz in den Heuschober, um den Kummer zu bebildern. Dass der Vater Ernst heißt und Bestatter ist, reicht allein nicht aus, um Konflikte, die aus der Sehnsucht entstehen können, ernsthaft darzustellen. Kindgerecht zu sein, wird im Kino häufig missverstanden, und so lösen sich alle ernsten Fragen zu schnell in Wohlgefallen auf.

Doch bei aller Kritik, man darf sich hier zurücklehnen und einem wunderbaren Kinderensemble bei der Arbeit zuschauen. Sie spielen sich um die teilweise sogar witzigen Dialoge herum die Bälle zu und finden nicht nur den rechten Ton, sondern auch zu einem final verschmitzten Blick. Mit leichter Hand, so scheint es, führt Autorin und Regisseurin Ruth Olshan ihre Darsteller und nimmt sich Zeit für große, tableauartige Wald- und Wolkenbilder. Die Lebensweisheiten sind originell und funktionieren jenseits des Stereotyps – ein sicher unterhaltsamer Familienfilm.

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