Kritik zu Feminism WTF

© Mindjazz Pictures

Katharina Mückstein versucht sich am Porträt des zeitgenössischen, intersektionalen, queeroffenen, rassismuskritischen und antikapitalistischen Feminismus

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»Dem Feminismus wird immer wieder vorgeworfen, er bringe die ganze gesellschaftliche Ordnung in die Krise. Das stimmt auch so. Und das wollen wir auch«, sagt eine dekorativ in verschiedene Blautöne gekleidete Frau auf einem blauen Polstersessel vor einem Setting aus Umzugskartons. Dann Schnitt. Und eine mit Kitteln uniformierte Gang von Frauen verschiedener Statur und Hautfarbe kommt in martialischer Manier von hinten auf eine Bühne und droht mit Baseballschlägern und Hämmern. 

Die Person im Sessel ist die Münsteraner Professorin Nikita Dhawan und in diesem Film die erste einer ganzen Reihe von WissenschaftlerInnen, die – getrennt durch choreografische Zwischenstücke – in bühnen- und kostümtechnisch durchgestyltem Setting wohlstrukturiert und wortreich darlegen, was es ihrer Einschätzung nach mit den Machtverhältnissen im Patriarchat und den Zusammenhängen des Geschlechterverhältnisses mit anderen Hierarchien von Hautfarbe, Körperlichkeit oder Klasse auf sich hat.

Es bleibt nicht bei Talking Bodies und Tanz: Früh im Film sehen wir auch längere Sequenzen eines für den Film eingerichteten »Baby-X-Experiments«, wo Erwachsene auf mit viel Spielzeug ausgestatteten Matten zwei in hellblau und rosa stereotyp gekleideten Kleinkindern Spielangebote machen. Am Ende wird – Überraschung! – aufgedeckt, dass in dem blauen Dress ein Mädel und hinter den rosaroten Schleifchen ein Knabe steckt. Ein Ergebnis, dass sich nach Aussage der in Gelb inszenierten Professorin Maisha Auma mit der Forschung zum Thema Rollenstereotype deckt, in dieser Darstellung aber nur Illustration bleibt.

Propagiert wird von den ProtagonistInnen des Films ein antikapitalistischer, queeroffener und rassismuskritischer intersektionaler Feminismus, der sich nicht auf die Schaffung von Kitaplätzen und Vollzeitarbeit reduziert. Dabei werden im Plädoyer für einen feministischen Pluralismus die Geschichte des Feminismus prägende Kämpfe (wie in Deutschland beispielsweise der rund um die »Emma«) galant umgangen. Hier hätte eine klarere Herausarbeitung von Konfliktlinien die Tiefenschärfe des Films bereichert. Doch Regisseurin Katharina Mückstein, die in Österreich die Me-Too-Debatte im Filmbereich angestoßen hatte, ging es wohl eher darum, einen bunten Strauß an Feel-Good-Andockungsmöglichkeiten für ein breites Publikum anzubieten. Dieses aber wird der Film durch seine akademische Tonlage jenseits der Bekehrten kaum finden.

Schade auch, dass die plakativ farbenfrohe Gestaltung und die Tanztheater-Einlagen nicht weiter reflektiert oder eingebunden werden. So bleibt »Feminism WTF« eine hübsch durchgestylte, kurzweilige und kämpferische Einführung. Die von Dhawan angekündigte gesellschaftliche Krise bewegt sich derzeit allerdings in eine eher unerwünschte Richtung. Wenn eine der Protagonistinnen am Ende hofft, die derzeitigen anti-feministischen Rollbacks könnten ein Zeichen für das baldige Sterben des ­Patriarchats sein, würde die Autorin ihr dies nur zu gerne glauben.

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