Kritik zu Element of Crime in Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin
Charlie Hübners Dokumentarfilm über die Geschichte einer Band, die sich immer wieder neu erfindet, um sich treu zu bleiben
»Warte auf mich, draußen ist es zu dunkel für einen allein.« Wie ein Mantra prangt dieses Zitat der Band auf dem dunklen Grund des Vorspanns und bleibt bei aller Klarheit auch ein wenig rätselhaft. Eine enge Verbindung drückt sich hier aus, etwas Liebe vielleicht, doch wer soll hier wen beschützen und warum kann eine Zweisamkeit helfen, die Dunkelheit zu überwinden? Solche Texte sind typisch für Sven Regener, von dem Nora Steiner vom Gesangsduo Steiner & Madlaina erzählt, dass es unmöglich sei, Element of Crime nebenbei zu spielen. Denn als sie bei einer Dinnerparty einmal eine Platte der Band auflegte, hätten alle geschwiegen, um den Texten zuzuhören.
Sven Regener ist der unumstrittene Kopf der Band, die sich nach einem Film von Lars von Trier benannte, doch auch Gitarrist Jakob Ilja und Schlagzeuger Richard Pappik sind lange genug dabei, um als Eckpfeiler des Sounds zu gelten, den die drei sich erarbeitet haben. War es am Anfang noch Regeners Trompete, sein aus dem No-Jazz stammender Anarchismus, der den Hang zur Seemanns-Folklore aufbrach, so wurden es zunehmend rockige Rhythmen und vor allem seit 1991 mit dem Album »Damals hinterm Mond« deutsche Texte. Als sie 1986 anfingen, war die Neue Deutsche Welle so gut wie vorbei. Keiner wollte mehr deutsche Texte und keiner wollte noch eine weitere Band aus Berlin. Also propagierte Regener seine Bremer Herkunft und sang Englisch. Doch wirklich grandios wurde sein Gesang erst, als er den norddeutschen Einschlag auf Deutsch hörbar machen konnte.
Charlie Hübner hat einen ganz besonderen Draht zu der Band. Er spielte den besten Freund Karl in den »Herr Lehmann«-Verfilmungen und brachte diese Figur in »Magical Mystery« zu wahrer irrsinniger Perfektion. Außerdem hat er mit »Wildes Herz«, der Dokumentation über die Ost-Punkband Feine Sahne Fischfilet sein Faible für Musikdokumentationen gezeigt. Und letztlich, das offenbart er ganz freimütig im Film, war es die Idee der Band, dass er eine Woche lang mit der Kamera dabei ist. Das erklärt auch die Freimütigkeit, mit der alle drei über ihre Geschichte, ihre Erfolge, aber auch ihre Probleme sprechen. Was diesen Film von vielen anderen des Genres unterscheidet, ist die Haltung, mit der Hübner der Band begegnet. Hier wird kein Heldenbild gezeichnet, sondern eine Art Netzwerk offenbart, in dem junge Acts wie Maike Rosa Vogel, die deutsche Joni Mitchell, Florian Horwath, der Urenkel von Ödön von Horváth, oder die Berliner Indiepop-Band Von Wegen Lisbeth auftreten. Im Film erzählen sie, wie sie einmal bei einem Open-Air-Konzert von den Elements getestet wurden. Die drei schauten zu und gingen nach der Hälfte des Konzerts wortlos weg – Sven Regener und Jakob Ilja war völlig klar, dass sie gerade eine ganz besondere Band gesehen hatten. In der Folge spielte Von Wegen Lisbeth im Vorprogramm.
Gewidmet ist der Film David Young, der von 2002 bis zu seinem Tod 2022 Bassist und stilbildende Konstante der Band war. Denn der Bass bestimmt die Geschwindigkeit des Songs. Das wird auch oft übersehen.
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