Kritik zu The Dive

englisch © RJLE Films

Zwei Schwestern geraten bei einem Tauchgang vor Malta in Not und für jede Art von Rettung tickt die Uhr. Maximilian Erlenweins Genrethriller spielt gekonnt mit Zeit und Ort

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Nur zwei Personen, eine einsame Bucht und die Meerestiefe davor – das ist alles, was diesen hoch spannenden und zugleich ungewöhnlichen Action­thriller ausmacht. Louisa Krause und Sophie Lowe spielen die beiden Schwestern May und Drew, die in einer abgelegenen Ecke von Malta zusammen tauchen gehen. Man erfährt nicht viel über sie: Auf der gemeinsamen Fahrt zur Bucht lässt ihre sperrig verlaufende Unterhaltung darauf schließen, dass sie eine längere Phase der Entfremdung hinter sich haben. Erst ihr unterschiedliches Vorgehen bei den Vorbereitungen zum Tauchgang offenbart ihre recht gegensätzlichen Temperamente: May ist systematisch und kontroll­bedacht, Drew dagegen leichtsinniger und für Improvisationen offen. Wo May verschlossen und fast kühl wirkt, neigt Drew zu Emotionalität und dazu, Gefühle zu benennen. Dass zwischen ihnen ein Konflikt ausbricht, scheint nur eine Frage der Zeit.

Doch bevor das passiert, werden die Schwestern in eine große Notlage gebracht, die all ihre Animositäten überschattet: Mitten im Tauchgang überrascht sie ein Steinschlag. May klemmt sich dabei unter einem Felsbrocken den Fuß ein, sie kommt ohne fremde Hilfe nicht mehr los. Drew muss nun versuchen, sie zu retten, aber alleine kann sie den Fels nicht bewegen. Gleichzeitig tickt die Uhr, denn der Sauerstoff in Mays Flasche reicht nur noch eine bestimmte Anzahl von Minuten. 

Regisseur Erlenwein benutzt die Handlungsgrenzen, die seinen Figuren gesetzt sind, äußerst effektvoll für den Spannungsaufbau. Dazu gehört auch, wie realistisch und plausibel die Lage geschildert wird: Warum Drew weder an die Ersatzsauerstofflaschen noch an ihr Handy noch an den Autoschlüssel herankommt, ergibt sich aus dem Situationsaufbau. Auch entwickeln sich die beiden jungen Frauen nicht plötzlich zu Superheldinnen mit übernatürlichen Kräften, sondern im Gegenteil, sie kommen tatsächlich immer wieder ans Ende ihre Kapazitäten und Fähigkeiten, sowohl physisch wie mental, was den Zuschauer umso mehr in die Handlung hineinzieht. Jeder Rettungseinfall, den die Schwestern haben und verfolgen, scheint dabei nachvollziehbar und erhöht noch den Suspense. 

»The Dive« ist ein Film, der ausgesprochen selbstbewusst durchexerziert, was er sich vorgenommen hat. Er verzichtet auf den Einsatz von surrealen oder Horrorelementen und konzentriert sich stattdessen ganz auf den enger werdenden Handlungsrahmen seiner zwei Protagonistinnen. Was können sie tun? Was würden sie tun? Was sollen sie tun? Das sind die dominierenden Fragen, auf die der Film manchmal überraschende, aber stets überzeugende Antworten liefert. Selbst die fordernden Unterwasserszenen gehorchen dabei einer Logik und Dramaturgie, die den Zuschauer mitnimmt. Sowohl das ungewöhnliche Setting als auch die Inszenierung zweier weiblicher Figuren, die sich hier selbst retten müssen, ohne fremde männliche Hilfe, setzen Erlenweins Film in angenehmer Weise von anderer Genre-Ware ab.

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