Kritik zu The Congress

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Ari Folman verfilmt Stanislaw Lems Sci-Fi-Klassiker »Der futurologische Kongress« als Animationsfilm mit einer hinzuerfundenen Realfilmeinführung, die als böse Hollywoodsatire funktioniert

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Welch eine Karriere stand Robin Wright bevor? Mit gerade einmal 21 Jahren war sie »Die Braut des Prinzen«, Darling Amerikas und der Welt. Doch dann ist irgendwann etwas schiefgelaufen. Es folgten zwar gewichtige und gefeierte Rollen wie »Im Vorhof der Hölle« und »Forrest Gump«. Doch der ganz große Höhenflug zum Gipfel des Hollywood­olymps blieb aus, obwohl er doch eigentlich unvermeidlich war. Davon ist zumindest ihr Agent Al (Harvey Keitel) überzeugt.

Also hält dieser Veteran des Showbusiness der von Robin Wright gespielten Schauspielerin gleich zu Beginn von Ari Folmans sehr freier Lem-Adaption all ihre Fehler vor: die falschen Entscheidungen, die kurzfristigen Absagen, die ständige Angst vor dem Scheitern und dann noch die Sorge um ihren autistischen Sohn, die sie dem Filmgeschäft immer weiter entfremdet hat. Doch nun bietet sich ihr eine letzte große Chance. Jeff Green (Danny Huston), der Boss der Miramount-Studios, will für 20 Jahre die Rechte an ihrer Person kaufen. Sie soll eingescannt und digitalisiert werden, so dass ihre virtuelle Doppelgängerin jede Rolle in jedem Film übernehmen kann. Dafür verpflichtet sie sich im Gegenzug, nie wieder als Schauspielerin tätig zu sein.

Etwa eine halbe Stunde lang überrascht »The Congress« mit einer brillanten Hollywooddekonstruktion, die nichts mit seiner Vorlage verbindet. Natürlich spitzt Folman die Verhältnisse extrem zu und nähert sich der Karikatur. Doch Harvey Keitel, der bei Als manipulativer Lebensbeichte noch einmal alle Register zieht und die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge perfekt verwischt, und Danny Huston, der ein geradezu unwiderstehliches menschliches Monster erschafft, unterlaufen jede wohlfeile Medienkritik. Die eigentlich eindimensionale Idee Folmans entwickelt im Spiel seiner drei Protagonisten eine überwältigende emotionale Komplexität.

Doch dann folgt auf dieses schillernde Realfilmvorspiel, das durchaus als eigenes Kunstwerk bestehen könnte, Folmans animierte Neuinterpretation von Lems bitterböser Dystopie. An die Stelle des Raumfahrers Ijon Tichy tritt die Schauspielerin, die sich selbst verkauft hat. Doch was sie in der gar nicht so weit entfernten Zukunft erlebt, entspricht weitestgehend den im Roman beschriebenen Ereignissen. Nur sind es nun die Medienkonzerne, die ihre eigenen Diktaturen errichtet haben.

Folman verwandelt Lems an sich schon extrem assoziative, die Wirklichkeit in verstörenden Visionen auflösende Erzählung in einen psychedelischen Trip. So wird aus einem apokalyptischen Menetekel, das die Schreckensvorstellung einer in Menschen regelrecht erstickenden Welt heraufbeschwört, eine bonbonfarbene Cartoon-Version von »Alice im Wunderland«. Von Lems fast schon brutaler Unversöhnlichkeit und seiner widerständigen Grundhaltung, die sich jeder politischen oder ideologischen Vereinnahmung konsequent entzieht, bleibt, nachdem Folman sie mit reichlich Kitsch und Melodramatik weichgespült hat, kaum noch etwas übrig. Damit hat »The Congress« vielleicht etwas über Hollywood, aber ganz sicher nichts über die Welt zu erzählen.

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