Kritik zu Beste Chance

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Abenteuer oder Zukunftsplanung: nach »Beste Zeit« und »Beste Gegend« nun der dritte Teil der Trilogie um das Erwachsenwerden zweier Freundinnen von Marcus H. Rosenmüller

Bewertung: 3
Leserbewertung
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3 (Stimmen: 2)

Fast sah es so aus, als ob Marcus H. Rosenmüller die geplante Trilogie um die beiden Freundinnen Kathi (Anna Maria Sturm) und Jo (Rosalie Thomass) doch nicht fertigstellen würde. Nach dem großen Erfolg von »Beste Zeit« erreichte »Beste Gegend« nur noch halb so viele Zuschauer, so dass das Projekt des Bayerischen Rundfunks auf Eis gelegt wurde. Jetzt sind Kathi und Jo wieder da, etwas älter und aus dem Dilemma, reisen oder daheimbleiben, rausgewachsen.

Nachdem Kathi sowohl ihren Schüleraustausch nach Amerika verpasste, als auch die gemeinsame Reise mit Jo, ist sie in dem neuen Film »Beste Chance« nun endlich unterwegs und zwar in Indien. Dort sucht sie ihre Freundin Jo, von der man längere Zeit nichts gehört hat. Niemand ahnt, dass sich diese bereits auf dem Rückweg befindet. Und dann machen sich auch noch ihre beiden Väter auf die Reise, weil sie im Radio von Unruhen und lebensbedrohlichen Situationen in Indien gehört haben.

Um die Handlung zu ermöglichen, gilt es, die Mobiltelefone so zu beschränken, dass eine Kommunikation zwar möglich ist, aber schlußend­lich bruchstückhaft bleibt. Das klassische Spiel mit den sich kreuzenden Wegen und knapp verpassten Treffen arbeitet Marcus H. Rosenmüller zu einer indisch-bajuwarischen Komödie aus, in der Figuren aus den ersten beiden Teilen wieder vorkommen. Verstehen kann man »Beste­ Chance« aber auch ohne Vorkenntnisse ganz gut. Denn es geht nach wie vor um die persönliche Reife, um die Frage gesichertes Leben mit Kind und Eigenheim oder Abenteuer in der großen weiten Welt. Die Muster wiederholen sich, frei nach Marx, mal als Tragödie, mal als Farce, und Rosenmüller macht daraus, routiniert wie immer, einen vergnüglichen Clash der Kulturen.

Kathi und Jo geraten wieder an denselben Mann, mit dem großen Unterschied, dass Jo von ihm schwanger ist, sich aber weder eine Abtreibung noch ein Familienleben mit dem von Ashram zu Ashram reisenden Vater vorstellen kann. Als Kathi sich in Indien in ihn verliebt, ahnt sie nichts von deren Vorgeschichte, doch bevor sich wirklich etwas entwickeln kann, hat sie Rucksack, Geld, Papiere und auch den windigen Liebhaber verloren. Dafür allerdings ihren und Jos Vater gefunden, die frisch ausgeraubt auf einer Polizeistation versuchen, dem diensthabenden Offizier auf Englisch zu erklären, was passierte: »Do you have me?«

Das Hippie-Indien, mit dem Rosenmüller bereits in »Sommer in Orange« abrechnete, ist völlig verschwunden. Armut, Lärm und Dreck beherrschen das Land, billiger Tand die nach wie vor bunten Märkte und Kleinkriminalität die Straßen. Rosenmüller lässt vielfach die Bilder sprechen, taucht in die indische Gesellschaft ein und zeigt einen Plastik-Ghandi neben einem Touristenshop. Die Ashrams sind inzwischen auf zahlungskräftige Gäste eingestellt. Dass Kathi sich am Ende entschließt, dort zu bleiben, kleidungs- und mittellos, ist in der Logik der Trilogie nur folgerichtig. Der nächste Schritt wäre der in die alltägliche Langeweile gewesen.

Meinung zum Thema

Kommentare

Ich habe die Rezension sehr gerne gelesen, habe mich aber auch geärgert, dass ich am Schluss so überraschend verspoilert worden bin. Man kann eine Filmkritik auch ganz gut schreiben, ohne den Ausgang des Filmes zu verraten, besonders geübte und sprachlich versierte Rezensenten wie die der epd...

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