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Erster Spielfim der Dokumentaristin Susanna Salonen, der die Verwirrungen im Kampf um die geschlechtliche Identität im Land des Sextourismus thematisiert
In der ersten Szene blitzt das Klischee auf, das einen Großteil des Filmes bestimmen wird. Thailändische Frauen sitzen in einem Telefoncenter und sprechen ihren fernen deutschen Liebhabern Nachrichten auf die Mailbox, die allesamt Hoffnungen auf ein gemeinsames Leben beinhalten. Das Ziel der Liebe ist dabei weniger der Mann als dessen wohlhabende Heimat. Und man weiß, dass der deutsche Sextourist diese Hoffnungen zunichtemachen wird.
Felix ist nicht gerade ein Beau, aber ein witziger, schlagfertiger Typ. Mit seinem älteren Bruder hat ihn die Familie in den Weihnachtsurlaub nach Phuket geschleift. Zwischen Strand, Hotelbar und überfüllten Straßen lernt er ein hübsches Mädchen namens Fai kennen und verliebt sich in sie. Zu Hause wartet die Freundin, die Eltern beäugen das Paar misstrauisch und fürchten sich vor Schwangerschaft und Geschlechtskrankheiten gleichermaßen. Doch Fai sagt dazu nur: »Ich kann niemals Kinder kriegen.« Und für die schönen Brüste habe ihre Großmutter, eine reiche Chinesin, bezahlt. Mehr nicht. Als dann der Tag der Abreise kommt, ist aus der erotischen Tändelei doch eine gewichtige Liebe geworden. Per Handy trennt sich Felix von seiner deutschen Freundin und entschließt sich dazu, zumindest noch eine Woche Thailand dranzuhängen. Aber auch für Fai sind die Ferien zu Ende. Sie fährt zurück in ihre arme nordthailändische Heimat.
Achtung Spoiler im folgenden Abschnitt!
[Im Bus treffen sich beide wieder. Und da offenbart Fai ihr letztes Geheimnis. Sie ist als Mann geboren worden. Felix ist entsetzt, bleibt aber im Bus. Fernab von touristischen Pfaden muss er sich einer neuen Realität stellen. Im alten Thailand, so erklärt der Film vorab, gab es immer schon drei Geschlechter: Mann, Frau und etwas dazwischen, einen Hermaphroditen, einen Menschen mit uneindeutiger sexueller Identität. Erst in der Annäherung an den Westen sei dieses dritte Geschlecht inoffiziell geworden, eine wie auch immer unterdrückte Minderheit. Die Darstellerin der Fai, Aisawanya Areyawattana, ist tatsächlich so ein »Lady-Boy«. Auch nach der Operation zur Frau werden diese im Pass übrigens weiter als »männlich« geführt.]
Auch in ihrem ersten Spielfilm hat die Dokumentaristin Susanna Salonen viel Wert auf einen authentischen Blick gelegt. Der banale Sextourismus paart sich mit den Weihnachtsflüchtlingen, die ihre Gans mit Rotkraut bei 35 Grad im Schatten verzehren. Gerade an Orten wie Phuket, die immer noch unter dem Trauma des Tsunami leiden, ist die Gesellschaft heute wieder international durchmischt. Die Armut der Thais ist kaum sichtbar, dazu muss man in andere Landesteile reisen. Susanna Salonens Film ist vor allem ein Plädoyer für Akzeptanz. Mit ihrer leicht erzählten Geschichte dringt sie tiefer in die Problemlagen dieses Landes ein, als es ein Spielfilm tun müsste. Ihrer Geschichte schadet der dokumentarische Anspruch allerdings keineswegs.