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Hermine Huntgeburth zeichnet das Leben Udo Lindenbergs bis zu dessen Durchbruch nach – mit einem großartigen Jan Bülow in der Titelrolle

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Viel fehlte ohnehin nicht mehr zur endgültigen Mythenbildung: Ein Udo-Lindenberg-Musical gibt es bereits, ein Museum auch, er gilt als der vielleicht bedeutendste Rockmusiker Deutschlands, der deutsche Texte wagte, als diese noch dem Schlager vorbehalten waren, und früh den Irrsinn der Teilung Deutschlands thematisierte. Udo Lindenberg hat lange schon Kultstatus erreicht. Mit Hermine Huntgeburths Biopic »Lindenberg! Mach dein Ding« dürfte dieser eine weitere Stufe erreichen. Es zeigt einen jungen, verletzlichen und zugleich großmäuligen Udo, der es aus der westfälischen Provinz ganz nach oben schaffte und sich nie beirren ließ.

Huntgeburth setzt in den frühen 70er Jahren ein, als Lindenberg (Jan Bülow) nach Hamburg kam, auf St. Pauli in verschiedenen Etablissements als Schlagzeuger auftrat und erste Erfahrungen mit den Frauen, den Drogen und den verlogenen Seiten des Musikbusiness machte, meist mit dem Bassisten Steffi Stephan (Max von der Groeben) an seiner Seite. In Rückblenden, und da entwickelt der Film seinen größten Charme, zeichnet er Lindenbergs Kindheit im westfälischen Gronau nach, mit einer liebevollen Mutter (Julia Jentsch), einem frustrierten Vater (Charly Hübner), dem Udo es zeit seines Lebens beweisen wollte, dass die Lindenbergs nicht nur als Installateure in der Scheiße wühlen können. Der Film erzählt von der ersten Schwärmerei für ein älteres Mädchen, dem Lindenberg später den Song »Sie spielte Cello« widmen wird, von der abgebrochenen Kellnerlehre in Düsseldorf, seinem Einsatz als Schlagzeuger auf einem US-Stützpunkt in Libyen, der ihn, so deutet Huntgeburth an, nicht nur als jungen Mann, sondern auch als Musiker schwer traumatisierte.

Filmisch sind sie eine dankbare Zeit, die 70er. Huntgeburth schwelgt in den Kulissen und Kostümen, der Musik, dem wilden Leben auf St. Pauli – untermalt von der Musik der Zeit, nicht nur, aber auch den Lindenberg-Songs wie »Mädchen aus Ostberlin«, »Andrea Doria«, »Hoch im Norden«. Detailverliebt stattet sie das Biopic aus, lässt sich viel Zeit für den Weg des Jungen aus der Provinz bis zu seinem Durchbruch. Dass das trotz einiger Längen über weite Strecken so großartig gelingt, ist vor allem Jan Bülow (»Dogs of Berlin«) zu verdanken. Mal mit linkischer Scheu, jugendlicher Verletzlichkeit und schnoddriger Großmäuligkeit spielt er den schlaksigen Lindenberg; das Kinn leicht nach vorn, die rechte Oberlippe nach oben gezogen, meist mit der Fluppe im Mund, zum Schluss fast immer die Schnapsflasche in der Hand oder am Hals. Die Lieder hat er selbst eingesungen und ist doch nicht der Versuchung erlegen, das Nuscheln Lindenbergs nachzuahmen. Das hat Lindenberg ohnehin erst sehr viel später kultiviert. Huntgeburths Biopic gewährt einen etwas anderen Blick auf einen Künstler, den viele so wohl noch nicht kennen und der selbst Nichtfans für Lindenberg einnehmen dürfte. Im Übrigen ist mit diesem Film der Fundus noch nicht ganz erschöpft: Er endet 1973 – danach gäbe es aus dem Leben des Panikrockers auch noch viel zu erzählen.

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