Kritik zu Cat Person

© Studiocanal

Susanna Fogels Verfilmung der viralen Kurzgeschichte über ein heillos schieflaufendes Date verändert die Vorlage auf eigentümliche Weise 

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Bei Filmadaptionen literarischer Vorlagen stellt sich schnell die Frage nach Werktreue und künstlerischer Freiheit. Unter diesem Gesichtspunkt ist Susanna Fogels Verfilmung der Kurzgeschichte »Cat Person« ein bemerkenswerter Fall, denn mit einigen unerwarteten Kniffen wird hier die Position der Vorlage quasi auf den Kopf gestellt. 

Die 2017 im »New Yorker« publizierte Geschichte erzählte von einer 20-jährigen Studentin namens Margot, die den Mittdreißiger Robert kennenlernt. Nach einer längeren Phase mit flirtenden Textnachrichten gehen die beiden auf ein ziemlich verkrampftes Date. Robert erweist sich als grauenvoller Küsser und als noch schlimmerer Liebhaber. Von der Situation überfordert, lässt Margot den Sex über sich ergehen und bricht danach den Kontakt ab. Die Geschichte endet mit einer sexistischen Textnachricht des gekränkten Robert. »Cat Person« ging viral und löste kontroverse Diskussionen aus. Junge Amerikanerinnen sahen ihre Dating-Erfahrungen widergespiegelt, die männlichen Reaktionen waren oft spöttisch bis frauenfeindlich.

Die Verfilmung hält sich zunächst nah an die Vorlage, wobei schon hier auffällt, dass Margot und ihr studentisches Umfeld als etwas prätentiös und überspreizt inszeniert werden. Margot ist im Film eine leicht unsichere Tochter aus wohlhabendem Haus, mit einer latent männerfeindlichen Professorin als Mentorin und einer dominant-rechthaberischen College-Feministin als bester Freundin. Für Satire sind diese Figuren zu zahm, als ernsthafte Kritik an real existierenden Typologien zu flach. Stattdessen wird ein unangenehmes Milieu etabliert, in dem harmlose, aber unbedachte Typen wie Robert nur verlieren können. 

Vollends irritierend verläuft es ab dem Punkt, an dem die Kurzgeschichte endet und die Drehbuchautorin Michelle Ashford (»Masters of Sex«) einen letzten Akt hinzudichtet, in dem Margot zunehmend paranoid agiert, überzeugt, von Robert gestalkt zu werden. Die in der Vorlage nur knapp angedeutete Frauenangst, womöglich einen Serienkiller zu daten, wird im Film zu einer regelrechten Neurose Margots gesteigert. Die vernünftigste Frauenfigur ist eine alte Polizistin, die ihr zu etwas mehr Klarsicht und weniger »True Crime«-Serien rät. 

Vielleicht wollen Fogel und Ashford mit solchen Erweiterungen auf verkrampfte Geschlechterverhältnisse aufmerksam machen und für etwas mehr Entspannung speziell bei der »übersensiblen« jüngeren Generation plädieren, frei nach der Devise: Ein mieses Date, schlechter Sex und ein beleidigender Ex-Lover – alles nicht schön, aber es gibt Schlimmeres. Nur kommt es im Film sehr anders rüber. Hatten in der Kurzgeschichte sowohl Robert als auch Margot sexistische Züge, wird Robert nun zum Opfer einer selbstbezogenen jungen Frau, die ihn nicht einmal nach seinem Beruf fragte und nun glaubt, sich um jeden Preis vor ihm »schützen« zu müssen. Das Klischee hysterischer Weiblichkeit, heilbar nur durch eine beinahe tödliche Katharsis. Oder anders gesagt: Männern, die sich von der Kurzgeschichte angegriffen fühlten, dürfte die Verfilmung gut gefallen.

Meinung zum Thema

Kommentare

Das Fazit finde ich erschreckend. Erschreckend ist, dass die filmische Handlung offenbar so wie beschrieben rüber kommen kann, sodass einseitig nur Margots Verfehlungen gesehen werden. Die auch hier vorhandenen massiven Verfehlungen von Robert werden scheinbar komplett übersehen.

"Hatten in der Kurzgeschichte sowohl Robert als auch Margot sexistische Züge, wird Robert nun zum Opfer einer selbstbezogenen jungen Frau, die ihn nicht einmal nach seinem Beruf fragte und nun glaubt, sich um jeden Preis vor ihm »schützen« zu müssen. Das Klischee hysterischer Weiblichkeit, heilbar nur durch eine beinahe tödliche Katharsis.
Oder anders gesagt: Männern, die sich von der Kurzgeschichte angegriffen fühlten, dürfte die Verfilmung gut gefallen."

Es hatte gewiss etwas von einer selbsterfüllenden Prophezeiung b e i d e r s e i t s, wie die Handlung zwischen den beiden eskalierte.

Robert meinte ebenso wie Margot, sich um jeden Preis vor etwas schützen zu müssen, nämlich vor ihrer Anklage. So sehr, dass er letztenendes laut und in ernstem Ton überlegte, ihr unter Zwang etwas einzuflößen, das sie bewusstlos machen und ihre Erinnerungen an die Geschehnisse löschen würde. Und so sehr, dass er sie mit massiver Gewalt versuchte, in seiner Wohnung zu halten.

Und er war ebenso selbstbezogen wie sie. Und paranoid in dem Sinne, dass er vermutete, sie würde andere Männer "ficken". Er beschimpfte sie per Textnachricht nach seinen paranoiden Anschuldigungen als Hure (sehr sexistisch) . Das bloß als Beleidigung abzukanzeln, finde ich problematisch. Das ist nicht dasselbe wie "Arschloch". Der Begriff "Hure" hat die starke Tendenz, einer Frau ihre sexuelle Selbstbestimmung abzuerkennen. Eine Hure, die kann man sich einfach nehmen, denken genug Leute. Wenn also jemand, der weiß wo ich wohne und arbeite, aggressiv gegen mich reagiert und mich Hure nennt, dann kriege ich es mit der Angst zu tun.

Letztenendes versuchte Margot sich vor potenzieller Gewalt in unbekanntem Ausmaß zu schützen, Robert versuchte sich vor einer potentiellen ungerechtfertigten Anklage zu schützen.

Margot nutzte Gewalt, um zu versuchen, zu fliehen. Robert nutzte Gewalt, um sie zum bleiben zu zwingen und sie ggf. unter Drogen zu setzen.

In Anbetracht dessen noch von einer "hysterischen Weiblichkeit" zu sprechen, die durch eine beinahe tödliche Katharsis "geheilt" wurde, finde ich grotesk. Erstens wäre hier ebenso von einer "hysterischen oder auch paranoiden, aggressiven Männlichkeit" zu sprechen. Zweitens wird hier nichts geheilt, sondern der unmittelbare Konflikt wurde nur lebend begraben, indem er weg zog und sie keine Anzeige erstattete.

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