Erste Texte

»Nos défaites« (2019)

Erste Texte abgegeben. Habe mit mir gehadert, ob ich den französischen Film »Nos défaites« von Jean-Gabriel Périot wirklich so schlecht wegkommen lassen soll, wie ich ihn fand. Verrisse machen mir keinen Spass. Aber der Film scheint mir ein ärgerlicher Fall von »Gelegenheit macht Filme«, wo ein ambitionierter Filmemacher ein vielleicht gar nicht so doofes Schulprojekt mit der Nachinszenierung historischer Filmauschnitte macht, dann aber als Zugabe auch noch unbedingt als Zweitverwertung einen Film darüber in den Festivalzirkus einspeisen muss. Und dort finden sich dann immer Kurator*innen, die meinen, sich mit dem scheinbar avancierten Stück für ihre eigene Karriere profilieren zu können. Mir schien ja schon vor einem oder zwei Jahren Périots RAF-Stück »Une jeunesse allemande« im Panorama stark überschätzt. Mehr zum Film im Forumsprogramm.

Übrigens hatte Claire Simon offensichtlich ein paar Jahre vorher das gleiche Kinoklassen-Projekt in Ivry-sur-Seine durchgeführt – und dabei mit einem scheinbar schlichten biografischen Ansatz den wirklich starken Film über heutige Jugendliche »Premières Solitudes« realisiert. Ein anderes gutes Gegenbild (und Referenz) zu Pèriots Film ist »Reprise« von Hervé LeRoux 1996, der aus einem Teil des auch von Pèriot genutzten alten Filmmaterials aus dem Jahr 1968 einen spannenden Recherche-Krimi konstruierte.

Themenwechsel:
Heute haben die AG Dok und das Grimme-Institut in einer von Fachpublikum stark besuchten Veranstaltung die neue empirische Studie zum Dokumentarfilm im Fernsehen von Fritz Wolf vorgestellt, Titel »Deutschland – Doku-Land« (gibt es sicher bei der AG Dok). Das ist die Folge zu einer ersten Untersuchung aus dem Jahr 2003, die starke Formatisierungs-Tendenzen in den Programmen konstatierte. Das hat sich nun weiter verschärft, außerdem wandern die im Programm der öffentlich-rechtlichen durchaus vorhandenen langen Dokumentarfilme immer weiter in die Spätnacht, wo sie auch wegen fehlender Werbemaßnahmen oft kaum wahrgenommen werden.

In zwei verschiedenen Panels wurden die Ergebnisse und die Präsenz des Dokumentarfilms allgemein diskutiert, wobei sich mit dem Leiter des WDR-Programmbereichs Kultur und Wissenschaft Fernsehen Matthias Kremin und ZDF-info-Programmleiter Robert Bachem zwei Sendervertreter selbst der Kritik von AG DOK und Filmemachern stellten. Sie zeigten sich allerdings Änderungswünschen gegenüber eher renitent. Und als Bachem den vielen im Saal anwesenden Filmschaffenden ein »Wir brauchen ihre Kreativität!« zurief, rief das einige Heiterkeit hervor.

Konzidiert wurde aber allgemein, dass die extremen Änderungen im Mediensektor (samt Netflix) selbstverständlich auch auf den Dokumentarfilm ausstrahlen – und vielleicht hier auch in positivem Sinn Bewegung initiieren könnten.

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