Apple TV+: »Smoke«

»Smoke« (Serie, 2025). © Apple TV+

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Kein Rauch ohne Feuer

Milch wird in den USA oft in der vier Liter fassenden »gallon bottle« verkauft. Manche Menschen bringt das auf seltsame Ideen. Ersetzt man nämlich das Grundnahrungsmittel durch Brandbeschleuniger, so kann man mit diesen billigen Plastikgefäßen auf wirksame Weise Feuer legen. Von solch verwirrten Seelen, getrieben von der Leidenschaft, Häuser niederzubrennen, erzählt eine neue Serie von Apple TV+. Als Vorlage für »Smoke« diente der von Kary Antholis moderierte True-Crime-Podcast »Firebug« über zündelnde Serientäter aus Kalifornien.

Showrunner Dennis Lehane, bekannt für »In with the Devil«, fackelt nicht lange. Gleich zu Beginn brennt sein Neunteiler ein wahres Feuerwerk ab. Dabei wird der Supermarkt, ein Ort, an dem man sich eigentlich sicher fühlt, zur tödlichen Falle. Ein Brandsatz, versteckt bei den Kartoffelchips, entfacht ein Lauffeuer. Nur mit knapper Not entkommt eine Frau den lodernden Flammen. Doch kaum im Freien, bemerkt sie mit Entsetzen, wie sich die verbrannte obere Hautschicht ihres Armes ablöst wie weicher Teig.

Mit solch schockierenden Bildern hält die Serie sich dann doch etwas zurück. »Smoke« ist eher ein Slow Burner. Langsam entfaltet wird die Geschichte der traumatisierten Polizistin Michelle Calderon (Jurnee Smollett), die obsessiv ihren Körper stählt. Denn sie ist buchstäblich ein gebranntes Kind. Als junges Mädchen musste sie miterleben, wie ihre drogensüchtige Mutter im Kinderzimmer Feuer legte. Nun soll sie den Brandermittler Dave Gudsen (Taron Egerton) unterstützen.

Taron Egerton (»Rocketman«) verkörpert diesen ermittelnden Feuerwehrmann als zwielichtigen Unsympathen. Mit seinem Stiefsohn kommt er nicht zurecht, und seine Ehe kriselt. Auch die Versuche, seine Ermittlungsarbeit literarisch zu veredeln, scheitern. Ebenso viel Zeit wie diesem gebrochenen Feuerwehrmann widmet die Serie der trostlosen Monotonie eines einsamen schwarzen Hilfsarbeiters, der in einem Schnellimbiss im Akkord Steaks grillt. Soziale Isolation und Minderwertigkeitsgefühle kompensiert der wortkarge Mann mit pyromanischen Exzessen. Mit nuancierter Darstellung gelingt Ntare Guma Mbaho Mwine dabei die schwierige Balance zwischen einem skrupellosen Feuerteufel und einer verlorenen Seele.

Sehenswert ist der Psychothriller nicht nur wegen interessanter Figuren und des Krimiplots. Dank einem ausgeklügelten Produktionsdesign springt vom ersten Hinsehen an der Funke über. »Smoke« überzeugt mit einer durchkomponierten Farbdramaturgie. Ungewöhnliche – aber nie manieristisch wirkende – Kameraperspektiven treiben die Geschichte ebenso voran wie der aufwühlende Soundtrack, der nicht nur Untermalung ist. Pulsierende Klanglandschaften scheinen das Innere der Feuerteufel akustisch umzusetzen. Und so entfacht der akribisch inszenierte Neunteiler ein biblisches Höllenfeuer, das ganz nebenbei noch mit einem Motiv aus Die flambierte Frau verknüpft wird.

OV-Trailer

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