Film des Monats Juli: »Fabian oder Der Gang vor die Hunde«

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Empfohlen von der Jury der Evangelischen Filmarbeit

Berlin Anfang der 30er. Jakob Fabian, der nur bei seinem Nachnamen genannt wird, kommt aus Dresden, aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, und führt in der Metropole das unstete Leben eines Bohemiens. Er wohnt möbliert und arbeitet in einer Werbeagentur – ein Job, auf den er wenig Ehrgeiz verwendet, er sieht sich als Schriftsteller. Nachts lässt er sich trinkend und kettenrauchend durch Clubs, Bordelle, Ateliers treiben. In seinen Beziehungen dagegen ist Fabian keineswegs flatterhaft: Er hält zärtlich die Verbindung zu seiner Mutter, unterstützt seinen Studienfreund Labude, der aus einer reichen Familie kommt, politisch aber auf die Arbeiterklasse setzt, und wirft sich rückhaltlos in eine Romanze mit Cornelia, die davon träumt, Schauspielerin zu werden. Doch irgendwann beginnt Fabians Leben zu zerbröseln. Er wird arbeitslos, Cornelia verrät ihn an ihre Karriere, Labude verschwindet. Etwas ist faul in diesem Berlin; etwas scheint alle Verhältnisse zu vergiften.

Dominik Grafs freie Adaption des Romanklassikers von Erich Kästner beginnt mit einer langen Fahrt durch eine moderne U-Bahnstation. Wenn die Kamera im Berlin der Weimarer Republik auftaucht, ist klar: Dies ist kein konventioneller Historienfilm. Graf mischt eine fast Nouvelle-Vague-hafte Leichtigkeit und Direktheit in den intimeren Momenten mit schwarz-weißen Archivaufnahmen aus dem alten Berlin und expressiven Gruppenszenen. Während die Figuren ganz in ihrer Gegenwart leben, verfügt die Inszenierung über das Wissen der Nachgeborenen – da kann es schon mal sein, dass der Kamerablick die »Stolpersteine« streift, die heute in vielen Städten an die Schoah erinnern. Die historischen Brüche, auch in der Ausstattung, unterstützen das Bild einer Gesellschaft im Übergang von der Demokratie zur Diktatur. Nazifunktionäre und SA-Trupps bewegen sich hier noch am Rand – aber es ist klar, dass das von Konkurrenzdruck und Hyperindividualismus geprägte Künstler- und Intellektuellenmilieu der Stadt ihnen nichts entgegenzusetzen hat. So bricht der Film mit dem Mythos der weltläufigen, glamourösen, vom Faschismus überrumpelten Metropole Berlin – und gewinnt eine unheimliche Aktualität.

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