Ausstellung »Frame By Frame«

Eingang zur Ausstellung »Frame By Fame«. Foto: Marian Stefanowski

Eingang zur Ausstellung »Frame By Fame«. Foto: Marian Stefanowski

Sichern und reparieren

»Nitrate Won't Wait« betitelte der Filmhistoriker Anthony Slide schon vor 21 Jahren sein Buch über die physische Bewahrung des Filmerbes. Davon legen gleich zum Auftakt in einer Vitrine eine vom Rost zerfressene Filmdose und Fotos beschädigter Filmrollen Zeugnis ab. Einige Meter weiter läuft ein Nachrichtenclip vom Brand in der brasilianischen Kinemathek in Sao Paulo am 29.7. dieses Jahres. Die Sicherung des Filmmaterials ist die Voraussetzung für Restaurierungen, das kann nicht oft genug betont werden.

Dabei laufen die Restaurierungen eher im Verborgenen ab – nur selten dringen sie ans Licht der breiten Öffentlichkeit, wie 2008 der spektakuläre Fund verschollener Teile von Fritz Langs Metropolis in Argentinien.

Den bei Restaurierungen auftretenden Problemen ebenso wie grundlegenden ­Fragestellungen (»Welche Fassung ist die richtige?“) wird in dieser Ausstellung anhand von Projekten der Kinemathek aus den letzten Jahren nachgegangen. Die umfassen fast die gesamte Filmgeschichte, von E. A. Duponts »Das alte Gesetz« (1923) bis zu Helma Sanders-Brahms' »Deutschland, bleiche Mutter« (1980). Dieser Film war bei seiner Erstaufführung im Rahmen der Berlinale eher negativ aufgenommen worden, so dass anschließend in den Verleih nur eine um 30 Minuten gekürzte Fassung kam. Glücklicherweise existierte die Premierenfassung noch, wurde restauriert und erlebte im Rahmen der Berlinale Classics 2019 ihre Wiederaufführung. Wer allerdings nicht darauf warten möchte, dass ein Kino in seiner Nähe sie zeigt, ist auf die 2015 vom British Film Institute veröffentlichte Blu-ray angewiesen, auf der sich diese Fassung befindet – in Deutschland liegt nur die gekürzte als DVD vor.

Welche Fassung ist die richtige? Von frühen Filmen gibt es oft Exportfassungen mit anderen Bildausschnitten, die parallel mit einer zweiten Kamera gedreht wurden, bei neueren Filmen wie Ula Stöckls »Neun Leben hat die Katze« hat man es gelegentlich mit Farbverfahren oder Formaten (Techniscope) zu tun, die mittlerweile verschwunden sind, zusätzliche Herausforderungen stellen Experimentalfilme dar, bei denen das Imperfekte Teil eines ästhetischen Konzepts ist und bei denen die Restauration noch stärker auf den Input der Filmemacher*innen angewiesen ist – was in der Ausstellung anhand von Filmen von Dore O. aus den siebziger Jahren demonstriert wird.

Eine Werkstatt in der Mitte der Ausstellung zeigt die Arbeitsplätze der Restaurator*innen, die analogen (Schneidetisch) ebenso wie die digitalen. Auf Monitoren berichten die für die jeweiligen Restaurierungen Verantwortlichen des Hauses über die spezifischen Probleme, im Kinoraum gibt es Einführungen von heutigen Filmschaffenden, etwa Andres Veiel zu »Der Katzensteg« (1927), oder am Film Beteiligten, so Hauptdarstellerin Eva Mattes zu »Deutschland, bleiche Mutter«. Schade, dass die hier gezeigten Restaurierungen, die in den vergangenen Jahren entweder als »Berlinale Classics« oder im Rahmen von »Film Restored« zur Aufführung kamen, nicht noch einmal parallel zur Ausstellung im Kino Arsenal laufen – auf DVD sind neben »Metropolis« nur »Neun Leben hat die Katze« und »Das alte Gesetz« verfügbar. Angesichts der Flut von Neuproduktionen, durch eine wachsende Zahl von Streaminganbietern noch verschärft, trägt diese Ausstellung dazu bei, das Bewusstsein für die Filmgeschichte zu schärfen.

Frame By Frame. Film restaurieren. Filmmuseum Berlin, bis 2.5.22

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