Amazon: »Them«

»Them« (Staffel 1, 2021). © Amazon Studios

»Them« (Staffel 1, 2021). © Amazon Studios

Unheimliche Fünfziger

»Get happy«, singt Judy Garland aus dem Off, während Familie Emory im September 1953 samt Anhänger durch Los Angeles fährt, auf dem Weg in ihr neues Zuhause. Wie viele afroamerikanische Familien haben sie im Zuge der sogenannten »Great Migration« den ländlichen Süden hinter sich gelassen, um anderswo nicht nur bessere Jobs, sondern vor allem ein Leben ohne Rassentrennung zu finden. Doch dass es für Kriegsveteran Henry (Ashley Thomas), seine Ehefrau Livia (Deborah Ayorinde), genannt »Lucky«, sowie die beiden Töchter schwierig werden wird, »glücklich zu werden«, scheint in der Serie »Them« von Anfang an ausgemachte Sache.

Im Städtchen Compton südlich von Los Angeles (das später, in den 70ern durch Bandengewalt und dann durch Gangster-Rap zu Berühmtheit gelangen sollte) sind die Emorys in den 50ern mit ihrem neuen Eigenheim die noch die einzigen Schwarzen inmitten von weißen Mittelklasse-Familien. Niemand verkörpert dabei die Nachbarschaft besser als Betty (Alison Pill) von gegenüber, die mit ihrer verspannten Höflichkeit sofort alles daran setzt, die Neuen wieder loszuwerden. Damit nicht genug: Ingenieur Henry, der unter Korea-Kriegserinnerungen leidet, wird im neuen Job diskriminiert, Teenager Ruby Lee (Shahadi Wright Joseph) in der Schule gemobbt. Und Lucky, die ein längst nicht verarbeitetes Trauma aus North Carolina mitgebracht hat, sieht sich bald nicht nur von den Anrainern verfolgt und heimgesucht.

Gesellschaftskritik im Horror-Genre ist alles andere als eine neue Erfindung, und gerade in jüngster Zeit kamen hier immer häufiger auch afroamerikanische Perspektiven und das Thema Rassismus ins Spiel. Nicht zuletzt Jordan Peele ist diesbezüglich Vorreiter, sei es mit Regie-Arbeiten wie »Get Out« und »Us« oder Produktionen wie dem demnächst anlaufenden »Candyman«-Remake oder jüngst der Serie »Lovecraft Country«. Mit »Them« hat Peele nun nichts zu tun. Doch dass er die Macher – Creator und Showrunner Little Marvin sowie Produzentin Lena Waithe (»Queen & Slim«) – maßgeblich beeinflusst hat, ist nicht zu übersehen.

Visuell kann die erste Staffel dieser als Anthologie angelegten Serie durchaus mithalten mit den Vorbildern: Das ins Unheimliche überdrehte Fifties-Bilderbuch-Setting ist bis ins Detail stimmig. Andere Qualitäten von Peele werden in »Them« allerdings schmerzlich vermisst. Statt sich voll und ganz auf das Genre und seine Stilmittel einzulassen, wehen die Horror-Elemente hier eher zag- und klischeehaft durch die sich über zehn (gefühlt sehr lange) Tage erstreckende Handlung. Eine beklemmende Atmosphäre kommt durchaus auf, echte Spannung eher nicht. Und weil obendrein nichts wirklich Neues oder Scharfsinniges über Rassismus in den USA erzählt wird, läuft die Serie in der Darstellung des Terrors, den die Emorys durchmachen, immer wieder Gefahr, das Trauma des schwarzen Amerikas lediglich als Aufhänger auszunutzen. Das ist in etlichen Szenen einigermaßen fragwürdig und im Rest dann fast langweilig.

OV-Trailer

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