Ausstellung: »Sound of Disney«

»Bambi« © Gunther Adler

»Bambi« © Gunther Adler

Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt

Am Eingang grüßt »Mickey Maus – Das Tonfilm-Wunder« (Steamboat Willie) aus dem ersten animierten Lichttonfilm Walt Disneys vom deutschen Filmplakat. Dahinter präsentiert die Ausstellung »Sound of Disney« ein so unterhaltsames wie lehrreiches Panorama des disneyschen Animationskosmos.

Dabei war das Lichttonverfahren gar nicht Disneys eigene Erfindung, wie in dem Animationsfilm »Finding His Voice« von Lyle Goldman und Max Fleischer in der Ausstellung zu sehen ist. Ihr witziger Streifen aus dem Jahr 1929 veranschaulicht, auch für den Laien gut nachvollziehbar, den komplexen Prozess der separaten Produktion von Bild und Ton und deren nicht minder aufwendige Zusammenführung zum Tonfilm.

Schon in »Steamboat Willie« (1928) lässt sich das später zur Perfektion entwickelte »Mickey-Mousing« studieren, die punktgenaue Synchronisation von Bild und Ton. Das Schiff wird dabei von der vorwärtsdrängenden Musik mindestens genau so angetrieben wie von der Dampfmaschine, deren Schlote sich im Takt auf und ab bewegen, dabei schwarze Wolken und dumpfe Töne ausstoßend. Zum »Sound« dieses frühen anarchischen Werks gehört ein Repertoire an kreischenden Stimmen, bizarren Alltagsgeräuschen und Musikeinlagen – von Mickey auf Kochtöpfen, den Zähnen einer Kuh oder mit dem Schwanz einer Ziege produziert. 

Auf großflächigen Projektionswänden präsentiert die von Daria Berten kuratierte Ausstellung Sequenzen aus Kurzfilmen wie aus den abendfüllenden Disneyproduktionen der »Meisterwerke«-Reihe. Aus »Fantasia«, dessen klassische Begleitmusik von dem Dirigenten Leopold Stokowski eingespielt wurde, ist die Geschichte vom »Zauberlehrling« zu sehen, in der hysterische Musikkaskaden das kommende Unheil schon andeuten, während Mickey im Traum bei lieblicher Musik noch mit den Sternen jongliert.

Neben diesen Produktionen, die mit ihren musikalischen Techniken Gesamtkunstwerke aus animierten Bildern und Sound darstellen, lassen sich auch kleinere Werke wiederentdecken. »Bumble Boogie« aus dem Episodenfilm »Melody Time« (1948) fackelt zu stakkatohaften Klängen ein buntes Feuerwerk von Bildern ab. In »Music Land« (1935), aus der Reihe Silly Symphonies, beschießen Bataillone von Blechbläsern von der »Isle of Jazz« aus das »Land of Symphony«, das sich seinerseits zu Wagners »Walkürenritt« mit zu Kanonen mutierten Orgelpfeifen wehrt.

An mehreren multimedialen Stationen kann man die Entstehung der disneyschen Klangwelten detaillierter nachvollziehen, etwa die Erzeugung von Geräuscheffekten oder das Casting von Stimmen, die den Figuren ihren unverwechselbaren Charakter verleihen. In den Synchronfassungen spielten Sprache und Kultur des jeweiligen Ziellandes eine wichtige Rolle, auch die Songs wurden dafür neu eingespielt. Die Idee, innerhalb der gezeigten Filmsequenzen in die verschiedenen Sprachen – vom Englischen über Türkisch, Italienisch bis hin zum Finnischen – zu wechseln, demonstriert die globale Bedeutung der Disneykultur.

Die Ausstellung, bestückt unter anderem aus Beständen des DFF und des Münchner Stadtmuseums, zeigt darüber hinaus eine Fülle von handgezeichneten Storyboards, darunter elf Blätter zu »Susi und Strolch«, Gouachen zum Dornröschen-Film und Animationsfolien, deutsche Dialogbücher sowie Notenmaterial zu bekannten Songs aus den Filmen. 

»Sound of Disney« enthält sich weitgehend der gängigen Einwände gegen die anthropomorphisierende Ästhetik der Disney-Welt wie auch gegen deren kultur-hegemonialen Folgen. Auch die von Ador­no und Eisler formulierte Kritik des »schlechten Prinzips einer Verknüpfung von Bild und Musik, . . . sei es durch Pseudo-Identität, sei es durch Assoziation«, bleibt außen vor. Doch finden sich auch Gegenentwürfe. Der Video­künstler David Claerbout präsentiert in seinem Animationsfilm eine »artgerechte» Sicht auf Disneys »Dschungelbuch«. Pierre Bismuth lässt die Figuren in einem babylonischen Sprachgewirr miteinander reden und treibt ein ironisches Spiel mit kolonialistischen Implikationen dieses Films und der Romanvorlage von Rudyard Kipling.

Die Ausstellung läuft noch bis Ende Januar 2021

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