Streaming-Tipp: »The Ballad of Buster Scruggs«

© Netflix

2018
Original-Titel: 
The Ballad of Buster Scruggs
Filmstart in Deutschland: 
16.11.2018
Heimkinostart: 
16.11.2018
L: 
132 Min
FSK: 
16

Die Zeit des Episodenfilms ist ungefähr so vorbei wie die des Westerns, und trotzdem wird beides munter weitergedreht. Joel und Ethan Coen verbinden in »The Ballad of Buster Scruggs« auch noch beides miteinander und betonen den Touch des Altmodischen weiter dadurch, dass sie jedes Kapitel als Buchillustration beginnen lassen. Man wähnt sich tief in den 50er Jahren, erwartet Westernstimmung nach altem Stil – um dann von der schrillen, postmodernen Komik der ersten Episode um einen Revolverhelden namens Buster Scruggs (Tim Blake Nelson) aufgeschreckt zu werden. Wer die Coens für große Komödienkünstler hält, wird hier gleich auf seine Kosten kommen. Andere müssen einfach durchhalten: Es wird danach nämlich besser.

Die zweite Erzählung mit James Franco in der Rolle eines glücklosen Bankräubers liefert den besseren Hinweis auf das, worauf es die Coens abgesehen haben: eine kleine Anthologie der unterschiedlichen Tonarten im Western zu versuchen. Wenn die erste Geschichte einem musikalischen Cabaret mit Zirkuseinlage gleicht, ist die zweite eine schwarzhumorige Groteske, in der für Francos Bankräuber natürlich nichts so läuft wie geplant. So kurz das Stück ist, so eindrücklich ist Francos Auftritt: Man hat den Schauspieler lange nicht mehr so wenig manieriert und uneitel spielen sehen. Und er darf den besten Gag des Films sprechen.

Den besten Auftritt in »The Ballad of Buster Scruggs« hat jedoch Tom Waits. Er verkörpert einen erfahrenen alten Goldsucher. Die längste Zeit der Episode sieht man nur ihn und wie er in seinem Tal herumwerkelt. Seine alten Augen bestimmen die geologische Verfasstheit der Landschaft, dann schürft er mit Plan vor sich hin und zählt eifrig die Goldstücke, die er findet. Sie weisen ihm den Weg zur Goldader oder, wie er das nennt: zu »Mr. Pocket«. Nacht für Nacht bereitet er sein Zeltlager und spricht vor sich hin: »Morgen krieg ich dich, Mr. Pocket!«, während sich rundherum die Spuren seiner Grabungen häufen. Waits ist kauzig und fokussiert in der Rolle, ein Mann, der die eigene Gesellschaft mehr schätzt als die der anderen, der sichtlich ein Leben voller enttäuschter Hoffnungen hinter sich hat, von denen er sich aber nicht hat kleinmachen lassen. Es ist ein meisterhaftes Kabinettstück des ökonomischen Erzählens.

Die beste Episode des Films ist trotzdem noch eine andere: Zoe Kazan spielt darin eine junge Frau, die mit ihrem Bruder zusammen in einem Treck nach San Francisco zieht. Dann aber stirbt der Bruder unterwegs, ihre finanziellen Mittel versiegen, und der Mann, den sie zur Hilfe mit dem Wagen engagiert hat, will auf Pump nicht weiter für sie arbeiten. Immer wieder muss sie die beiden »Guides«, die den Treck leiten, um Hilfe bitten. So oft, dass sich zwischen ihr und dem Jüngeren in größter Selbstverständlichkeit eine Beziehung entwickelt. Zum allerersten Mal, und das verdanken sie natürlich auch Zoe Kazan und ihrem Gegenüber Bill Heck, zeigen die Coens hier einen echten Sinn für »true romance«.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt