Das reicht jetzt mal

Unsere "steile These" des Monats Dezember
»The Walking Dead«

»The Walking Dead«

»Schneid ihn ab«, wimmert Carl. Sein Vater Rick kniet am Boden, mit verzerrtem Gesicht. Er hat die Wahl: Entweder er verstümmelt sein Kind – oder all seine Freunde sterben. Zwei von ihnen sind schon tot. Ein Typ namens Negan hat ihnen die Köpfe zerschmettert, nein, zermatscht, bei einem ist das Auge herausgequollen, bevor er in den Staub gesackt ist. War der Auftakt der siebten Staffel von »The Walking Dead« ein Meilenstein oder Wendepunkt in der Geschichte des Fernsehens?

Tatsächlich sind selbst die Fans inzwischen ein bisschen genervt. Das geht nämlich seit Jahren so, nicht nur im Segment »Horror«: dass das Fernsehen seine Bilder permanent zu überbieten sucht. Gestorben wird massenhaft und explizit, in »Breaking Bad« wie in den vielen Apokalypse-Shows; »Spartacus: Blood and Sand« hat sich an den Porno herangetastet, und als in »Game of Thrones« alle Brüste enthüllt waren, sind sie auf die Idee gekommen, einen pinkelnden Kerl von hinten durch die Beine zu filmen. Wobei man sagen muss, dass die an sich begrüßenswerte Befreiung des Körpers und des Sex mit der Entfesselung der Gewalt nicht Schritt hält.

Die Frage ist, worauf dieser werbewirksame Dauerbeschuss mit »What the fuck«-Momenten im Premium-TV am Ende hinauslaufen wird. Fredric Jameson hat schon zu Zeiten von »The Wire« geschrieben, die in der Unterhaltungskultur vorherrschende melodramatische Form sei im Begriff zusammenzubrechen. Es gibt keine Konflikte mehr in diesen Serien, keine konkurrierenden Vorstellungen von Politik und Gesellschaft, nichts, worüber sich noch verhandeln ließe. Abgrenzen, aufrüsten und MurderDeathKill sind in »The Walking Dead« stets alternativlos, das leitende Prinzip ist der Utilitarismus: Was meiner Truppe nützt, ist okay. So, Leute, kommen wir auf Dauer echt nicht weiter, hat man in Afghanistan und im Irak gesehen. Ich für mein Teil würde mir wünschen, dass mal wieder einer den Nerv hat, die Spirale des Schreckens zu durchbrechen. Wie Neo in den »Matrix«-Filmen. Der hatte auch die Wahl: Ob er seine Freundin retten wolle oder all seine rebellischen Compañeros? Falsche Frage, meint Neo. Und rettet beide.

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