ARD-Mediathek: »Schwarzes Gold«
© NDR/Boris Laewen
Der aufwendig produzierte Mehrteiler handelt von einem interessanten und übersehenen Kapitel deutscher Geschichte: dem Ölboom in der Lüneburger Heider
Erdöl in Deutschland? Ja, das gibt es. Gefördert wird bis heute. In Wietze, im Süden der Lüneburger Heide, gibt es sogar ein Erdölmuseum. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis ins Jahr 1963 wurde hier nach Öl gebohrt. Die wenig bekannte Geschichte vom Öl in der Heide bildet den Hintergrund der ARD-Serie »Schwarzes Gold«, die es in der Mediathek in sechs Teilen, im linearen TV in vier Teilen zu sehen gibt.
Entschieden hat man sich, den interessanten historischen Stoff als Liebes- und Dorfgeschichte mit vielen schönen Landschaftsbildern, einer Portion Sozialkritik und vielen Wildwestanklängen aufzubereiten. Da wird nicht etwa auf braven Ackergäulen getrabt, sondern auf edlen Pferden galoppiert, da trägt die ländliche Protagonistin statt eines bäuerlichen Kopftuchs einen kleidsamen Cowboyhut, und wüste Kerle ballern mit Pistolen, fehlt nur noch der Saloon. Auch die Musik tut das ihre, um an Übersee zu erinnern.
Dabei sind die akustischen und visuellen Westernanspielungen historisch betrachtet fast ein wenig kurios, denn in Wietze pumpte man das »schwarze Gold« schon vor den spektakulären Ölfunden in den USA. Aber die Serie soll ja auch erst »um 1900« spielen, als es mit dem Ölgeschäft auch in der Heide so richtig losging. Genau wie die sozialen Themen – muss die arme Bauerstochter in die Fabrik in die Stadt, weil es auf dem Land keine Arbeit für sie gibt? – sind die Umweltthemen und historischen Entwicklungen hier eher Kolorit als ein wirkliches Erzählanliegen der Serie. »Norddeutsch, international, zeitlos« beschreibt das Presseheft die Serie – sprich: gut zu vermarkten.
Im Mittelpunkt steht Johanna Lambert (Harriet Herbig-Matten); seit Kindertagen ist die Tochter aus verarmtem Bauernhause zärtlich mit dem reichen Nachbarssohn Richard Pape (Aaron Hilmer) verbunden. Die Familien sind verfeindet und Tom Wlaschiha gibt als Richards Vater Wilhelm Pape einen eindimensionalen Bösewicht. Trägt Pape die Schuld am Tod von Johannas Vater, der ihm kein Land verkaufen wollte? Jedenfalls muss ihm die Tochter, nachdem die Leiche ihres Vaters im Wald gefunden wird, das Land abtreten. Papes Bohrungen verseuchen das Grundwasser und gefährden so die landwirtschaftliche Existenz der Bauern und Schafzüchter. Als Arbeiter kommen bewaffnete raue Gesellen in die Gegend, die von Wilhelm grausam ausgebeutet werden. Die Bauern versuchen, sich gegen die Vernichtung ihrer Lebensgrundlage zu wehren, doch der Landrat will nicht helfen.
Mehr ereignet sich, von eineinhalb Nebenhandlungen abgesehen, im Grunde nicht in den ersten drei Folgen. Die nächsten drei Episoden widmen sich dann vor allem dem Kampf der guten Johanna gegen den bösen Wilhelm Pape – und man darf fest davon ausgehen, dass Richard zu Johanna überlaufen wird. Tatsächlich wird eher langsam in Kinoästhetik erzählt, die Stars sind der Generation Netflix beziehungsweise Amazon Prime (»Maxton Hall«) bekannt, die Motive altbewährt. Sind Johanna und Richard doch aus zutiefst verfeindeten Familien wie Romeo und Julia. Und kämpfen die Kleinen hier doch ein weiteres Mal gegen die Großen. Allerdings spielt die kämpferische Heldenrolle mit Johanna eine Frau, während Richard seinem starken bösen Vater gegenüber immer wieder große Schwäche zeigt.
Die Musik fällt spätestens ab der zweiten Folge als so überdurchschnittlich im Rahmen einer Fernsehproduktion auf, dass man mal nachguckt, von wem sie denn stammt: von keinem Geringeren als Oscarpreisträger Hans Zimmer. Und tatsächlich soll »Schwarzes Gold« auch nichts Geringeres darstellen als eine »internationale HighEnd-Serie«. Der Eindruck, den »Schwarzes Gold« hinterlässt, ist der einer typischen Streamingserie: Kann man gut gucken, muss man aber nicht gesehen haben.
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