01/2017

In diesem Heft

Tipp

25. Januar bis 5. Februar, Rotterdam – Das Filmfestival in Rotterdam präsentiert sich regelmäßig als Plattform für Independent- Filmkunst. Auch die 46. Ausgabe gliedert wie schon im letzten Jahr das Programm in vier Sektionen, zu denen bereits die ersten Filmtitel angekündigt sind. Im Bereich »Bright Future« laufen Filmdebüts aus Brasilien, Serbien und Großbritannien. Die Sektion »Voices« liefert Stimmen erfahrenerer Filmemacher, darunter Jim Jarmusch und Pablo Larraín. Die Kategorien »Deep Focus« und »Perspectives« komplettieren das Programm.
Von Ninja-Action bis zu einem verwahrlosten Samurai: die Filme des japanischen Komikers Matsumoto Hitoshi auf DVD
am Mi., den 11.01. in Frankfurt am Main – epd Film-Autor Ulrich Sonnenschein spricht mit den Regisseuren Karin Steinberger und Marcus Vetter über »Das Versprechen«
Ein Mann kehrt nach Jahren in seinen Heimatort zurück: Der Film erzählt eine Geschichte von Trauer, Schuld und der Tatsache, dass das Leben trotzdem weitergehen muss. Meisterhaft geschrieben, mit großer Sensibilität und Humor inszeniert und exzellent gespielt

Thema

Nach endlosen Verrissen und beachtlichen Kassenerfolgen geht die Serie um ein genetisch manipuliertes Mädchen, einen finsteren Superkonzern und eine Zombie-Epidemie in Rente. Was haben uns die 15 Jahre mit Milla Jovovich und ihrem Regisseur Paul W. S. Anderson gebracht?
Körper und Stimme sind die Werkzeuge des Darstellers im Kino. Und im Musical laufen beide auf höchsten Touren. »La La Land« zeigt jetzt, dass das Genre weit jenseits seiner Hollywoodblüte in der Lage ist, neue Räume und Funktionen zu erobern. Gerhard Midding über eine eigene Kunstform
Das wird böse enden – In jeder Kameraeinstellung drückt sich eine Haltung zur Welt aus. Aber manche Filme intervenieren direkt. Und im Moment liegen für den politischen Film die Themen auf der Straße. Ein Essay von Georg Seeßlen
Unsere "steile These" des Monats Januar
Chloë Sevigny verkörperte einst als vieldeutiges weißes Blatt die Hoffnung auf ein anderes Kino jenseits des Mainstreams. Nun ist sie noch einmal in einem Whit-Stillman-Film zu sehen, »Love & Friendship«

Meldung

Der Regisseur Kenneth Lonergan über typisch amerikanische Konflikte, ratlose Momente beim Drehen und sein Drama »Manchester by the Sea«
In den neunziger und frühen nuller Jahren hat Japan die internationale Filmszene mit einer Reihe origineller, kreativer Talente beschenkt. Heute wird vor allem für den nationalen Markt produziert – und deutlich stromlinienförmiger. Beobachtungen vom größten Filmfestival des Landes in Tokio
Stefan Ruzowitzky, 55, Regisseur von »Die Fälscher« und »Das radikal Böse«, bringt im Januar »Die Hölle – Inferno« ins Kino.

Filmkritik

»Luca tanzt leise« ist ein ruhiger Film aus dem Berlin der Gegenwart, der sich die Frage stellt, wie so etwas Kompliziertes wie das Leben gelingen kann
Als Wenja die säkularen Unterrichtsinhalte seiner Schule mit Bibelzitaten in Frage zu stellen beginnt, schlägt ihm Spott entgegen. Bald aber bringen sich die Ideologien in Stellung. Serebrennikovs Film »Der die Zeichen liest« ist eine schwarz-humorige Groteske, konzentriert auf den Schlagabtausch, die Eskalation fest im Blick
Damien Chazelle zelebriert in »La La Land« den Augen- und Ohrenschmaus eines klassischen Musical in Breitwand und leuchtenden Farben und gibt seiner schmerzlich schönen Geschichte zugleich einen modernen Twist
»Personal Shopper« ist ein auf interessante Art verwirrendes Stück Gegenwartskino von Olivier Assayas, das mit seiner Auflösung der Grenzen zwischen poetischem Realismus und Genre-Elementen den Finger am Puls der Zeit hat
Ein kleiner packender Film-noir aus dem Kosmos der Schwulenpornos. Es geht um Liebe, Sex und Tod, um Gier und Erfolg, um Schönheit, Jugend und Alter. »King Cobra« birgt eine schmutzige, aberwitzige und schmerzliche Geschichte mit grandiosen, verstörenden Darstellungen von Christian Slater und James Franco
»Where to, Miss?« ist ein Dokumentarfilm über ein Frauenschicksal in Indien, der in der Empathie mit der Protagonistin aber das gesellschaftliche Umfeld jenseits der Familie mit seinen kollektiven sozialen Kämpfen aus dem Blick verliert
»Die schönen Tage von Aranjuez« gelten nicht als Handkes bestes Stück. Leider gelingt es auch der Verfilmung nicht, diese Hürde zu überspielen. Im Gegenteil. Auch in natürliche Umgebung versetzt bleibt die Inszenierung statisch, die Schauspieler, voran der völlig blasse, fehlbesetzte Reda Kateb, gehen nicht unter die Haut, und die von Wenders als »natural depth« hochgelobte 3D-Technik stört massiv das schwierige Zusammenspiel statt es zu unterstützen
Der in New York lebende für sein poppiges Werk vielfach ausgezeichnete Grafikdesigner Stefan Sagmeister verschmilzt in »The Happy Film« Glücksthema und Selbstversuch zu einem Amalgam, das mit visuellem Einfallsreichtum mehr überzeugt als mit seinem Inhalt
Andrew Garfield als Kriegsdienstverweigerer und Sanitäter Desmond Doss, der in der Schlacht von Okinawa 75 verwundete Soldaten das Leben rettet. »Hacksaw Ridge« ist ein beeindruckender Kriegsfilm von Mel Gibson
Die finnische Komödie »Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki« von Juho Kuosmanen erzählt angenehm unaufgeregt und mit lakonischem Humor die wahre Geschichte des Amateurboxers Olli Mäki, der 1962 gegen den amtieren Weltmeister im Federgewicht kämpfen soll
Um die Hypothek auf die Familienfarm bedienen zu können, überfällt ein Brüderpaar Bankfilialen im texanischen Hinterland. »Hell or High Water« verknüpft Motive des Western mit der wirtschaftspolitischen Gegenwart
Mit großartigen Schauspielern, schlagfertigen Dialogen und klugen Gedanken bläst Chris Kraus mit »Die Blumen von gestern« frischen Wind in die Verarbeitung der deutschen Vergangenheit
Mit unangestrengter Vater-Tochter-Chemie und fröhlichem Feelgood-Flair überspielt Hugo Gélin in »Plötzlich Papa« die recht ungelenke Konstruktion der Geschichte um einen bindungsscheuen Junggesellen, der durch ein Baby domestiziert wird.
Ein Mann kehrt nach Jahren in seinen Heimatort zurück: »Manchester by the Sea« erzählt eine Geschichte von Trauer, Schuld und der Tatsache, dass das Leben trotzdem weitergehen muss. Meisterhaft geschrieben, mit großer Sensibilität und Humor inszeniert und exzellent gespielt
Park Chan-wook lotet in »Die Taschendiebin« erneut die finstersten Gefilde menschlicher Hörigkeit aus – allerdings mit mehr Gefühl als üblich
Zwei Frauen, die eine mythoman und aufgekratzt, die andere verschlossen, fliehen aus der offenen Psychiatrie. Auf der Reise stellen sie sich der Frage, wie ihre Leben aus der Bahn geraten konnten. Paolo Virzìs gleichsam bipolare Komödie »Die Überglücklichen« verliert trotz haarsträubender Verwicklungen ihr therapeutisches Ziel nie aus den Augen
John Krasinskis Familienkomödie »Die Hollars« zeigt ein potentiell interessantes Beziehungsgeflecht um das Krankenbett einer sterbenden Mutter, entwickelt seine Komik dann aber allzu oberflächlich und unglaubwürdig
Erst ein, dann zwei Hollywood-Stars, die in einem riesigen Raumschiff dem sicheren Tod entgegen blicken. Der gefällig designte, auf kurzweiliges Entertainment setzende Film »Passengers« von Morten Tyldum lotet die dramatischen Abgründe kaum aus und verblasst im Vergleich zu anderen Stranded-in-Space-Filmen
Udi Alonis Film »Junction 48« verbindet mit fiebriger Intensität Lovestory, Rapper-Biografie und Gesellschaftsstudie. Schauplatz von Konflikten und Spannungen: der palästinensisch-israelische Ort Lod
Mit anarchischem Slapstick-Humor attackiert Skandalregisseur Bruno Dumont in »Die feine Gesellschaft« das französische Bürgertum. Seine eigenwillige Romeo-und-Julia-Interpretation an der idyllischen Normandieküste ist eine Parade grotesker Körper mit einer kannibalistischen Pointe
»Verborgene Schönheit« ist filmische Seelenheilkunde von aufdringlicher Natur und bescheidener Güte, die selbst das ausgezeichnet spielende Ensemble um Will Smith nicht retten kann
Basierend auf einer wahren Begebenheit erzählt »Mein Blind Date mit dem Leben« von einem nahezu blinden Mann, der eine Hotelfachausbildung absolviert. Amüsante, im letzten Drittel leider etwas zu formelhafte Romantic Comedy
Pablo Larraíns raffiniert verschachtelter Film »Jackie« rekonstruiert die Woche nach dem Attentat auf John F. Kennedy aus der Sicht der von Natalie Portman grandios gespielten Witwe und schafft so kein konventionelles Biopic, sondern einen bewegenden Diskurs über Trauer und Erschütterung
Davy Chou schildert in seinem Spielfilmdebüt »Diamond Island« die Hoffnungen und Ängste junger Männer in Kambodscha mit Präzision, oft somnambuler Schönheit, viel Atmosphäre und ganz ohne sozialrealistische Manierismen
James McAvoy beweist sich zwar als wahrhafter Verwandlungskünstler, aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Regisseur M. Night Shyamalan mit dem spirituell angehauchten Horrorthriller »Split« nur unterambitionierte Genreroutine abliefert
Vienna-Noir, der die schöne Wienerin neu definiert als melancholisches Supergirl mit Migrationshintergrund. Trotz überdrehter Action und manchmal überzeichneter Charaktere gelingen Stefan Ruzowitzky mit »Die Hölle – Inferno« aufregende Momente eines körperlichen Kinos zwischen Gewalt und Zärtlichkeit
»Suburra« ist ein Polit- und Mafiathriller, der cineastisch großartig Untergangsstimmung heraufbeschwört und das moderne Rom als korrupte, gewalttätige Gesellschaft schildert
Eine Gruppe von ehemaligen DDR-Spionen wird vom deutschen Geheimdienst reaktiviert: »Kundschafter des Friedens« ist eine gelungene Agentenkomödie, die mit spielfreudigen ehemaligen DDR-Bürgern zu punkten weiß
Ein junger Autor besucht nach langer Abwesenheit seine Familie: in seinem Starbesetzten und etwas zu hysterischen Familienkammerspiel »Einfach das Ende der Welt« variiert Dolan seine bekannten Themen
Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Jan-Josef Liefers und Bully Herbig verleihen dem Comeback von Starregisseur Wolfgang Petersen zwar jede Menge Starpower, aber nur wenig Schauspielkunst. Wie alles in der Schenkelklopfer-Gaunerkomödie »Vier gegen die Bank« setzen sie auf maßlose Übertreibung. Kaum auszuhalten
Whit Stillmans Adaption des eher unbekannten Briefromans »Lady Susan« ragt weit aus der Masse der Jane-Austen-Verfilmungen heraus. Der Amerikaner trifft exakt den spöttischen Ton der englischen Schriftstellerin. Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung harmonieren perfekt in seiner Inszenierung wie im leichten und doch hintergründigen Spiel seines brillanten Ensembles in »Love & Friendship«
Auf eine richtig gelungene Computerspiel-Verfilmung muss weiterhin gewartet werden. Zwar erleidet Justin Kurzel keinen kreativen Schiffbruch wie Duncan Jones mit »Warcraft«. Doch trotz Genre-gerechter Kampfszenen und eines prominenten Ensembles gerät »Assassin's Creed« eher langweilig
Die Ankündigung des schwulen Paares Oscar und Simon, Väter zu werden, platzt in die zum Fest versammelten Sippschaften der beiden wie eine Bombe. »Eine schöne Bescherung« zeigt ein Weihnachten wie aus dem Bilderbuch, inklusive einer veritablen Völlerei an Konfliktlinien
Eine junge, von Salomé Richard umwerfend verkörperte Frau treibt einen Sommer lang durch Straßburg. Rachel Langs radikales, ebenso poetisches wie politisches Spielfilmdebüt »Baden Baden« zeichnet ein präzises Bild unserer Gegenwart, in der die Unangepassten, die Suchenden und die nicht nur am Erfolg Interessieren kaum mehr einen Platz finden, und bekennt sich zugleich nachdrücklich zu einer anderen Welt
Gareth Edwards (»Godzilla«) orientiert sich in seinem Star-Wars-Spinoff »Rogue One« an der Mechanik von Kriegsfilmen. Da kommt die Charakterzeichnung mitunter zu kurz – und Laserschwertgefuchtel fehlt ganz

Film