Kritik zu Verrückt nach Mary

© 20th Century Fox

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Über Geschmack läßt sich nicht streiten, und der Erfolg gibt bekanntlich all denen recht, die ihn haben. »Verrückt nach Mary«, einem Film, der sich explizit mit seinen Zoten und der ausgestellten Geschmacklosigkeit brüstet und außerdem bislang mal eben 160 Millionen Dollar allein auf dem US-amerikanischen Markt eingespielt hat, tut man im Grunde mit jedem Verriß einen Gefallen. Haben die Brüder Bobby und Peter Farrelly, Regisseure und Co-Autoren des Smash-Hits doch schon mit »Dumm und Dümmer« bewiesen, wieviel Erfolgsraum unter der Gürtellinie verborgen ist. Wenn Kritiker also glauben, sich hier unter Niveau oder gar nicht zu amüsieren, haben sie lediglich ihren Abstand zum Publikumsgeschmack neu vermessen.

Aber: wo »Dumm und Dümmer« eine anarchische, von Jim Carrey und Jeff Daniels lustvoll ausgewalzte Debilität konsequent vorantrieb und der Titel kongenial Szene für Szene umgesetzt wurde, ist »Verrückt nach Mary«, der – hey, noch versauter! – Fäkalwitze durch Schwanz- und Spermawitze ersetzt und – wow, mal ganz politisch unkorrekt! – schwulen Gruppensex karikiert, ein ganz spießiger, prüder, mit spekulativen Holzhammergags garnierter Film um den amerikanischen High-School-Traum, nach dem auch verpickelte weirdos irgendwann mal an die Homecomingqueen herankommen.

Die sympathische High-School-Schönheit Mary verkörpert Cameron Diaz, eine Schönheit von entwaffnend uneitler Entspanntheit. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihren ganz eigenen kuriosen Charme bislang auf die Leinwand warf, wird in »Verrückt nach Mary« auf eine harte Probe gestellt. In jeder Szene muß sie ihre Perfektion wie in einem Schaukasten demonstrieren: Seht her, schaut sie Euch von hinten an beim Golfspielen, hier zeigen wir Euch ihren Busen beim Umziehen, und während knappe T-Shirts und halbaufgeknöpfte Blusen die Optik betonen, gibt ihr das Drehbuch ganz, ganz viel Herz. Sie versorgt nämlich ihren behinderten Bruder und die alte Nachbarswitwe und sucht einen Traummann. Der muß wie in jeder schlechteren Heiratsannonce gar nichts Besonderes, sondern hauptsächlich ein netter Kerl sein. Geld hat sie als erfolgreiche Sporttherapeutin ohnehin selbst.

Mary also ist alles andere als eine komische Figur, was eine Schwächung ausgerechnet der Titelheldin bewirkt, da sie als Zentrum der abstrusen Balzvorgänge nurmehr freundlich bis fassungslos auf die stetig wachsende Schar der Bewunderer reagieren darf.

Zuallererst wäre da Ted, ihr Verehrer aus Highschool-Zeiten. Der Regisseur und Schauspieler Ben Stiller, der in »Reality Bites« Winona Ryder erfolglos umwarb, hat diesmal mehr Glück, wenn auch ein Reißverschluß, ein schmieriger Privatdetektiv, ein Angelhaken in der Backe, ein wildgewordener Pinscher und derlei Unbill mehr das Liebesglück vertagen. Wie Cameron Diaz' Liebreiz erhebt sich auch Stillers Scheu über die aufgepropfte Brachialkomik, wirken beide verheizt in einem Film, der mit jeder Figur, jeder Szene und jedem Dialog das Plakative sucht. Die restliche Besetzung ist dann auch konsequent auf Charge angelegt. Matt Dillon als White-Trash-Detektiv karikiert wie Marys weitere Adoranten in Form eines hibbeligen Pizzaboten, eines ausschlaggeplagten Soziopathen oder eines tumben Footballstars den amerikanischen Prototypen des ultimativen jerk.

»Verrückt nach Mary« ist ein mühevoll an einigen furiosen Gags entlangkonzipiertes Stück Gebrauchskino, von dem auch nicht mehr in Erinnerung bleiben soll und wird als eben jene Gags und die Eitelkeit, mit der sie sich »gewagt« gebärden. Kein Wunder, daß als key visual für diesen Film das Bild von Cameron Diaz dient, auf dem ihr der spermaverklebte Pony als Tolle zu Berge steht. Geschmacklos ist das gar nicht mal, bloß zu wenig, auch für eine Komödie, gerade für eine Komödie.

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