Kritik zu Und wenn wir alle zusammenziehen?

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Ein Lob auf die Alten-WG: Die Komödie von Stéphane Robelin verlässt sich ganz auf ihr (alt-)ehrwürdiges Starensemble mit Pierre Richard, Claude Rich, Geraldine Chaplin und Jane Fonda

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Als die Polizisten die Straßenblockade der Demonstranten abräumen, laufen sie einfach an Jean (Guy Bedos) vorbei, obwohl er laut ins Megafon Parolen skandiert und als Rädelsführer auszumachen ist. Selbst als er einem der Uniformierten eine Flasche an den behelmten Kopf wirft, geht der Beamte ungerührt weiter und schenkt dem Randalierer keine Beachtung. Jean ist einfach zu alt, um verhaftet zu werden – für den glühenden Politaktivisten eine schwere Niederlage. Er ist mit seinem Problem nicht allein: Die Komödie Und wenn wir alle zusammenziehen? führt fünf Menschen zusammen, die in ein Alter gekommen sind, in dem die Kerzen kaum noch auf den Geburtstagskuchen passen.

Sie sind seit Jahrzehnten befreundet und müssen sich nacheinander eingestehen, dass das Alter ihnen nicht mehr erlaubt, ihr Leben so weiterzuleben, wie sie es bisher getan haben. Albert (Pierre Richard) ist ohne sein Notizbuch aufgeschmissen, seit sein Gedächtnis ihn immer mehr im Stich lässt. Seine Frau Jeanne (Jane Fonda) zerreißt die Abzüge der Computertomographie und verschweigt Albert ihren negativen Befund. Ihr Freund Claude (Claude Rich) hatte erst vor kurzem einen Herzanfall, will aber trotzdem nicht von seinen sexuellen Vergnügungen lassen. Als Albert beim Ausführen seines Hundes angefahren wird und Claude auf der Bordelltreppe zusammenbricht, beschließen Annie (Geraldine Chaplin) und Jean, die Freunde in ihrem geräumigen Haus aufzunehmen. Das Leben zu fünft ist gewöhnungsbedürftig, schließlich bildet sich im Alter manch sonderlicher Charakterzug zur handfesten Marotte aus.

Mit seiner warmherzigen Komödie Und wenn wir alle zusammenziehen? feiert Stéphane Robelin die Alten-WG als positiveAlternative zum Seniorenheimdasein. Ähnlich/> wie im letzten Kinomonat John Maddens The Best Exotic Marigold Hotel nähert sich auch Robelin dem unvermeidlichen Prozess des Alterns mit einer Mischung aus Ironie und Sentimentalität. Das enorme Kapital des Filmes ist natürlich sein hochkarätiges Best-Ager-Ensemble. Auf Geraldine Chaplins Gesicht könnte sich die Kamera tagelang ausruhen, ohne dass es für das Publikum langweilig wird. Jane Fonda ist mit nunmehr 75 noch so attraktiv, dass sie für die Rolle einer Sterbenskranken schon fast wie eine Fehlbesetzung wirkt. Das sanft pochende Herz des Filmes ist jedoch der wunderbare Pierre Richard, der hier scheinbar leichtfüßig, aber mit ungeheurer handwerklicher Präzision auf dem schmalen Grat zwischen Wirklichkeit und ewigem Vergessen entlang wandelt.

Robelins Erzählweise überzeugt vor allen in den emotionalen Zwischentönen, den kurzen Blickwechseln, den ungesagten Bekenntnissen und den Gesten langjähriger Vertrautheit. Die Konflikte hingegen bleiben von ritualisierten Ehekrisen bis zur Aufdeckung längst vergangener Liebschaften allzu überschaubar. Hier – und noch deutlicher in der allzu niedlichen Sterbeszene – spürt man deutlich, dass der Film den wirklich unschönen Seiten des Alterns aus dem Weg geht und sein Zielpublikum lieber unterfordert, als es möglicherweise zu vergraulen.

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