Kritik zu Roman J. Israel, Esq. – Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

© Sony Pictures

Denzel Washington als Anwalt mit einsamer Mission rettet im Alleingang die nach »Nightcrawler« zweite Regiearbeit von Drehbuchschreiber Dan Gilroy

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Es schreibt sich schon wie von selbst, das Einerseits-Andererseits-Argument, wenn es um einen Film mit Denzel Washington geht. Ja, auch »Roman J. Israel, Esq. – Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit« ist wieder eines jener Werke, die einiges zu wünschen übrig lassen, aber Denzel Washingtons Auftritt macht den Film trotzdem sehenswert. Die Oscarnominierung als bester Darsteller (Washingtons achte Nominierung) scheint genau das zu belegen, war sie doch die einzige Kategorie, in der Dan Gilroys zweite Regiearbeit ­überhaupt vorkam. Aber genau das zieht sich als Muster durch Washingtons Karriere: Seine Hauptdarstellernominierungen bekam er sämtlich für Filme, die mit ein, zwei Nebenkategorien Vorlieb nehmen mussten, von »Malcolm X« (1992) über »­Hurricane« (1999) und »Training Day« (2001) bis zu »Flight« (2012). Einzige Ausnahme war letztes Jahr die August-Wilson-Verfilmung »Fences«, die Washington mitproduzierte und die wahrscheinlich genau deshalb auch als einer der neun Bester-Film-Kandidaten des Jahres geehrt wurde. Denn die »Academy« mag und respektiert Washington persönlich, aber eben weniger die Filme, in denen er die zentrale Rolle spielt.

In »Roman J. Israel, Esq.« verkörpert ­Washington einen in die Jahre gekommenen Anwalt, der die längste Zeit seines Lebens als stiller, fleißiger Sonderling in einer ­Zwei-Mann-Kanzlei gearbeitet hat, deren Agenda die Verteidigung der sozial Schwachen und Entrechteten in den USA war. Als sein Chef, das öffentliche Gesicht der Kanzlei, einen tödlich endenden Herzinfarkt erleidet, gerät Romans gesamtes Leben ins Wanken: Er ist zu unerfahren im Auftritt vor Gericht, um allein weitermachen zu können. Das Jobangebot des glatten Business-Anwalts George (Colin Farrell), der sich sein enzyklopädisches Rechtswissen zu Diensten machen möchte, lehnt er ab. Als er seine bis in die 70er Jahre und zu Angela Davis zurückreichende Erfahrung jungen Bürgerrechtlern wie Maja (Carmen Ejogo) zur ­Verfügung stellen will, muss er erleben, dass ihn auch dort niemand haben möchte. In seinem gesamten Auftreten, von den unpassenden Anzügen, die er trägt, bis zur Musik, die er hört, wenn er im öffentlichen Nahverkehr Los Angeles durchquert, erscheint Roman wie aus der Zeit gefallen. Und das, obwohl die Dinge, für die er eintritt, zum Beispiel etwas zu tun gegen die Vorverurteilung und Entrechtung der Schwarzen im amerikanischen Prozessverfahren, absolut aktuelle Themen sind.

Im Porträt dieses Mannes, der das Richtige will, dem aber niemand folgen mag, liegt etwas geradezu schmerzlich Aktuelles. Washington macht in seinem Gang, in seinen Blicken, seiner Diktion das Unwohlsein deutlich, das mit Romans innerer Haltung einhergeht. Aber statt die soziokulturellen Reibungen genauer zu untersuchen, die aus Roman einen Außenseiter machen, führt Gilroy ihn durch eine Geschichte über den Fluch einer einzigen korrupten Tat. Sie ergibt am Ende noch nicht mal wirklichen Sinn, aber Washington verkauft dem Zuschauer auch das noch als fesselnde Charakterdimension.

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