Kritik zu Phantomschmerz

© Warner Bros. Pictures

Im Spielfilmdebüt von Matthias Emcke, bislang Produzent von US-Independentfilmen, spielt Til Schweiger einen Rennradfahrer, dessen Leben sich nach einem tragischen Unfall verändert

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Vielleicht ist Til Schweiger der einzige Schauspieler, der es im deutschen Film zu einem ausgeprägten Leinwandimage gebracht hat, und vielleicht hat das geholfen, ihn zum populärsten Schauspieler zu machen. Immer ein bisschen lässig und cool, aber doch verletzlich, immer ein bisschen macho, aber mit Wunden, die nach und nach offenbar werden, ein Aufschneider, aber nicht unsympathisch, ein Lebenskünstler, der doch ein Ziel vor Augen hat. Und wenn das nur heißt, einmal noch das Meer zu sehen wie in »Knockin' on Heavens Door«.

Ein festes Ziel hat auch Schweigers Figur in »Phantomschmerz«: Marc will einmal den Col du Tourmalet mit dem Fahrrad bezwingen, den höchsten Straßenpass in den Pyrenäen. Wie überhaupt Marcs Leben vom Fahrradsport infiziert ist. Er, der im Leben noch keinen Halt gefunden hat, jobbt im Fahrradladen (der »Robin Hood der Fahrradverkäufer«, wie er einmal sagt) und verfolgt mit seinem Freund Alexander (Stipe Erceg) die Tour de France. Ansonsten liebt er es, erfundene absurde Geschichten zu erzählen, vernachlässigt die Unterhaltszahlungen für seine Tochter und kommt zu spät, wenn er sich mit ihr verabredet hat. Seinen 72er Dodge muss er gegen eine Vespa tauschen, um an Geld zu kommen. Ein bisschen neuer Schwung kommt in sein Leben, als er Nika (Jana Pallaske) kennenlernt, die herausbekommt, dass seine Begabung zum Schreiben irgendwie zu früh zum Erliegen gekommen ist.

Eines Nachts wird er Opfer eines Verkehrsunfalls, durch den er sein linkes Bein verliert. Und »Phantomschmerz« erzählt davon, wie er langsam wieder in das Leben zurückfindet. »Phantomschmerz« ist ein ernster Film und deshalb durchaus ungewöhnlich im Komödien gepflasterten Werk von Schweiger. Das Schöne an »Phantomschmerz« ist, dass er sich Zeit lässt, dass er eher undramatisch daherkommt. Und dass er an vielen Stellen die richtigen Bilder findet für seine Geschichte, die ja auch von Liebe und Freundschaft handelt. Einmal lassen Nika und er in einer der berührendsten Szenen des Films zwei ferngesteuerte Doppeldecker von der Radarstation auf dem Berliner Teufelsberg aus fliegen – Marc liebt Saint-Exupéry, weil der Schriftsteller und Actionheld war. Und wenn Marc aus der Klinik kommt, trägt ihn sein Freund Alexander auf dem Rücken die Treppe hoch, eine einfache und nahe liegende Geste, die aber doch das Verhältnis der beiden Freunde prägnant zusammenfasst.

Nicht alles an »Phantomschmerz«, dem ersten Langfilm von Matthias Emcke, ist so verhalten wie diese Szene. Seine Attraktivität bei Frauen ist auch mit einem Bein ungebrochen, selbst wenn er nach dem Unfall nicht anders aussieht als davor – mit seinen langen Haaren wie ein Jon-Bon-Jovi-Klon. Vor allem die im Off stattfindende Auseinandersetzung mit dem alkoholkranken und abwesenden Vater (die ihn immerhin vor dem Absturz bewahrt) wirkt in ihrer Larmoyanz etwas überdeutlich.

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