Kritik zu Paolo Conte – Via con me

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So viel mehr als »Azzurro«: Giorgio Verdelli porträtiert einen der erfolg- und einflussreichsten italienischen Liedermacher der letzten Jahrzehnte. Mit viel prominenter Hilfe von Roberto Benigni bis Isabella Rosselini

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Er sehe sich als eine Art Landschafts­maler, erklärt Paolo Conte zu Beginn des ihm gewidmeten Dokumentarfilms, dazu gibt es passende Aufnahmen aus dem Piemont, der Heimat des italienischen ­»Cantautore«, der in der Stadt Asti 1937 zur Welt kam. Conte-Fans – und an sie richtet sich dieser Film vielleicht in erster Linie – sind da schon völlig eingenommen, hat er doch alles, was er braucht: markante Sätze, von denen man nie sicher sie kann, wie tief die Ironie doch geht, die virile Präsenz des inzwischen 84-jährigen Mannes mit der Zigaretten- und Espressostimme und dazu jede Menge Italien.

Eigentlich könnte der Film auch einfach so weitergehen, und das Fanpublikum wäre völlig zufrieden. Giorgio Verdelli, der bereits einige Erfahrungen im Genre Musiker­dokumentationen gemacht hat, verfolgt aber durchaus noch etwas ehrgeizigere Ziele in »Paolo Conte – Via con me«. Mithilfe vieler prominenter Zeitzeugen, von Roberto Benigni über Isabella Rosselini und Jane Birkin bis hin zum französischen Regisseur Patrice Leconte, versucht er dem auf die Spur zu kommen, was Conte als Komponisten, als Dichter, als Sänger und als Performer so einmalig macht. Zwar findet sich unter den Aussagen auch die eine oder andere Plattitüde, aber im Großen und Ganzen erstaunt es, wie sehr sich die Interviewten bemühen, etwas Originelles und Persönliches beizutragen. Immer wieder wird die Stimme von Conte beschrieben, seine Ausstrahlung, einzelne Zeilen seiner Lieder, die sich so fest ins Gedächtnis graben, dass sie einen durchs Leben begleiten. Filmproduzent Pupi Avati spricht davon, dass er Conte immer um sein gutes Aussehen beneidet habe – und da geht es auch schon um die gewisse Ironie, die sowohl Conte als Person als auch seinen Songs so eigen ist. Er ist in allem das Gegenteil von Schmalz oder Pathos.

Wie nebenbei gelingt es Verdelli, die wichtigsten Stationen von Contes Karriere zu erwähnen, seine Geburt in einer Juristenfamilie, die Anfänge in einer Band mit dem eigenen Bruder. Lange ist er zweigleisig gefahren – er arbeitete einerseits als Rechtsanwalt, ein Beruf, den er nach eigener Aussage sehr gern ausübte, und andererseits als Songschreiber. 1968 gelang ihm mit »Azzurro«, das er zusammen mit Michele Virano nach einem Text von Vito Pallavicini schrieb, dank Adriano Celentano ein Megahit. Trotzdem gab er erst 1974 die juristische Karriere auf, um fortan mit seinen Liedern selbst aufzutreten.

Verdelli folgt in seinem Porträt weniger der Chronologie der Ereignisse als vielmehr ihrem Gewicht in dem, was heute als Contes Lebenswerk erscheint. Immer wieder schneidet er von aktuellen Aufnahmen aus den letzten Jahren zurück zu Auftritten aus früheren Jahrzehnten. Es finden sich tolle Fundstücke italienischer Fernsehunterhaltung darunter, aber vor allem erstaunt, wie sehr Conte über die langen Jahrzehnte sich selbst treu geblieben ist. Noch als 84-Jähriger strahlt er dieselbe eigensinnige Energie und dasselbe vom Jazz inspirierte musikalische Engagement aus wie damals in den 70ern. It's wonderful.

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