Kritik zu Eiffel in Love

© Constantin Film

Der Eiffelturm wird in diesem opulenten Filmdrama als Denkmal für eine große Liebe interpretiert. Romain Duris ist der Ingenieur, der zwar den höchsten Turm der Welt bauen, aber nicht die Stellschrauben der Klassengesellschaft lockern kann

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Es ist keine Grabstätte wie die Pyramiden, kein Gotteshaus wie der Petersdom, kein Schloss à la Versailles und auch kein Bohrturm. Soll der Eiffelturm als Zeichen nationaler Selbstbehauptung nach der Niederlage im Krieg gegen die Deutschen 1871 betrachtet werden? Baumeister Gustave Eiffel (Romain Duris) erklärt auf Nachfragen zur Funktion des Bauwerks, dass dies ein Restaurant beherbergen werde. Überzeugen können diese Argumente jedoch im Film niemand. Der Eiffelturm, das Meisterstück französischer Ingenieurskunst für die Weltausstellung in Paris 1889, wurde gebaut, weil man es konnte. 

Das Eingeständnis, dass die filigrane 300 Meter hohe Eisenkonstruktion entwaffnend zweckfrei ist, pures Ornament, das zufällig zum Nationalsymbol wurde, scheint unmöglich. So ist auch »Eiffel in Love« von der Idee beseelt, dem Gebilde, das nach der Ausstellung wieder abgebaut werden sollte, einen tieferen Sinn aufzuoktroyieren.

Die Handlung beginnt mit dem betriebsamen Alltag in Eiffels Bauhütte im Jahr 1886. Eigentlich ist er zu beschäftigt damit, Pläne für den Bau der Metro voranzutreiben, um die Anfrage der Stadt Paris nach einem spektakulären Entwurf für die Weltausstellung zu beachten. Dass er seine Meinung plötzlich ändert, wird in der Handlung mit dem Auftauchen seiner verloren geglaubten Jugendliebe Adrienne in Zusammenhang gebracht. Adrienne, nun eine Dame der Gesellschaft und verheiratet mit einem alten Bekannten von Eiffel, erwidert seine Gefühle.

Cherchez la femme! Wahr ist leider nur, dass es diese Adrienne Bourgès (Emma ­Mackey aus der Serie »Sex Education«) gegeben hat. Sie war, als 18-jährige in Bordeaux, mit Eiffel verlobt, doch ihre Eltern hatten die Ehe verhindert. Warum dem Turmbauer diese späte Affäre angedichtet wird, zeigt sich schlussendlich mit einer hübschen Pointe, in der das Monument neu »gelesen« wird. Doch nicht nur die Details dieser episch gemeinten Liebe wirken, zumal Rückblenden und filmische Gegenwart oft schwer auseinanderzuhalten sind, zu kolportagehaft, um zu berühren. 

Ebenso kurzatmig vermittelt werden die Botschaften: So muss sich neben Adrienne auch Eiffels Tochter für Technik begeistern, und die Affäre dient auch als Anklage an die Klassengesellschaft in der dritten französischen Republik. Wahrhaftiger ist da die Schilderung des Arbeiterstreiks, der Eiffels Bankiers verschreckte und ihn dazu brachte, sein gesamtes Vermögen in die Waagschale zu werfen, um das Projekt zu retten.

Romain Duris als Eiffel wirkt eher wie ein überdrehter Zauberer. Dass dieser romantische Künstlertyp jener Tüftler ist, der damals bereits weltweit mit Brücken und Bahnhöfen die Infrastruktur der Moderne geformt hatte, würde niemand vermuten. Und noch ein spannendes, unterschlagenes Detail: Von Alexandre Dumas bis Emile Zola protestierten viele namhafte Schriftsteller jener Tage lautstark gegen »das Mons­trum«. So bleibt der Film in jeder Beziehung halbherzig, sowohl in der Schilderung der Liebesgeschichte als auch in seiner Würdigung Gustave Eiffels.

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