Kritik zu Die Poetin

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Bruno Barreto macht in der Adaption eines brasilianischen Bucherfolges aus einer aufwühlenden lesbischen Künstlerbeziehungsgeschichte einen eher mit exotischen Schauwerten als erzählerischer Präzision funkelnden Film

Bewertung: 3
Leserbewertung
3.5
3.5 (Stimmen: 4)

The art of losing isn’t hard to master;/ so many things seem filled with the intent/ to be lost that their loss is no disaster.« Das ist der Anfang von Elizabeth Bishops Gedicht »One Art«, das sich mit seiner vertrackten Rhythmik schnell als Ohrwurm ins Gedächtnis schleicht. Zu hören ist er zu Anfang des Films, als die New Yorker Poetin ihrem Dichterfreund Robert Lowell eine frühe Fassung vorträgt. Der ist von dem Ergebnis nicht angetan – und rät der Freundin, sich durch einen Ortswechsel neue Schaffenskraft zu holen.

Bald darauf – es ist das Jahr 1951 – sollte Elizabeth Bishop wirklich auf die angeregte Reise gehen. Doch aus dem intendierten mehrwöchigen Südamerika-Rundtrip wurde ein 15 Jahre dauernder Aufenthalt am ersten Stopp der Reise, der ehemaligen Vassar-Studiengefährtin Mary, die zu sich ins brasilianische Petrópolis eingeladen hatte. Oder besser: auf das prächtigen Anwesen ihrer Lebensgefährtin Lota de Macedo Soares. Die nach einer traumatischen Kindheit neurotisierte Poetin (und baldige Pulitzer-Gewinnerin) aus dem Norden fremdelt anfangs mit der Extravaganz ihrer Gastgeberinnen ebenso wie die mit ihr. Irgendwann sind Elizabeth und Lota trotzdem ein Paar – und die verlassene Mary bekommt zum Trost ein Adoptivbaby.

So konstruiert das klingt: Die Ereignisse gab es (zumindest so ähnlich) wirklich, sie wurden 2001 von der Autorin Carmen L. Oliveira zu einem in Brasilien höchst erfolgreichen biografischen Roman verdichtet, der auch dem Film als Vorlage dient. Dabei führt der deutsche Verleihtitel etwas in die Irre, denn Flores raras (so das Original nach dem Roman) ist weniger Künstlerporträt als eine Beziehungsstudie, die an der Dreiecksgeschichte fast exemplarisch die Mechanismen von Leidenschaft, Abhängigkeit und Liebesverlust durchspielt.

Ein bisschen zu exemplarisch vielleicht. Grundkonflikt des Settings ist – neben der eher blassen Mary – der von den Darstellerinnen Miranda Otto und Glória Pires ideal verkörperte (und doch stereotype) Gegensatz zwischen der zerbrechlich femininen Neuengländerin und dem feurigen Latino-Ego der Architektin, die als Sprössling einer einflussreichen Familie mit der lokalen Macht auf Du steht. Traditionell ist schon bald auch die Rollenverteilung. Denn Lota baut der Geliebten zwar ein traumhaftes Studio in die Hügel, steckt ihre Energie aber in ihr neues Herzensprojekt – den Flamengo Park in Rio. So wird die gefeierte Dichterin zur frustrierten Hausfrau. Als dann auch noch der Alkohol ins Spiel kommt, sind wir fast in einem lesbischen Wer hat Angst vor Virginia Woolf?.

Der in Brasilien und den USA altgediente Regieprofi Bruno Barreto inszeniert die Geschichte von Elizabeth und Lota als eher konventionelles Biopic, das vor allem in den Standardsituationen einige Längen mitschleppt. Auch die tropische Sinnlichkeit wird eher behauptet, als dass sie sich wirklich schmecken lässt. Darsteller und aufwendige Ausstattung lassen das Ganze dennoch gut aushalten. Und das opulente Setting macht gute Werbung für eine Reise zur baldigen WM.

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