Kritik zu Der Fuchs

© Alamode Film

Adrian Goiginger schöpft in seinem dritten Film wieder aus seiner Familiengeschichte, diesmal aus den Erinnerungen seines Urgroßvaters

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Am Ende des Films gibt es einen kurzen Ausschnitt aus einem Gespräch, das Adrian Goiginger mit seinem Urgroßvater führte. Wie schon »Die beste aller Welten«, sein Debüt, von seiner Familiengeschichte inspiriert war, speziell dem Verhältnis zu seiner drogensüchtigen Mutter, so hat Goiginger mit »Der Fuchs« nun die Geschichte seines Urgroßvaters Franz Streitenberger verfilmt, der als Soldat am deutschen Überfall auf Frankreich teilnahm. Und in beiden Filmen geht es um Verantwortung und Schutz. 

Man darf von »Der Fuchs«, auch wenn der längste Teil des Films in den Wochen des Angriffs auf Frankreich spielt, kein Schlachtengemälde à la »Im Westen nichts Neues« erwarten. »Der Fuchs« verliert nie seinen stillen Tonfall, den er schon in den großartig inszenierten ersten Szenen setzt. Der kleine Franz (Maximilian Reinwald) lebt mit seiner Familie auf einem abgelegenen Bergbauernhof im österreichischen Pinzgau. Mit nur wenigen Sequenzen fängt Goiginger das Leben dieser Familie und ihr Machtgefüge ein: wie ganz selbstverständlich der Vater (Karl Markovics) beim Kartoffel-/Kraut-Abendessen den größten Teil bekommt und Franz den kleinsten und wie die Familie beim offenen Feuer ein altes Volkslied singt. Zu den ergreifendsten Szenen gehört auch, dass der Vater dem kranken Franz eine Legende erzählt, wie ein Bauer den Tod genarrt hat. Goiginger und sein Kameramann Yoshi Heimrath haben ihren Film im 4:3-Format gedreht, das Enge und Intimität wunderbar einfangen kann.

Franz wird förmlich verkauft, als Knecht an einen Großbauern, ein Trauma, das er auch als Mann nie verwinden wird. Mit seiner Volljährigkeit meldet sich Franz (Simon Morzé) zum österreichischen Bundesheer, das nach dem sogenannten »Anschluss« Österreichs Teil der Nazi-Wehrmacht wird. Franz ist Kradmelder, Motorradkurier, grenznah stationiert in einem alten Schloss. Und ein Einzelgänger, wortkarg, wenig an der Gesellschaft seiner Kameraden interessiert. Sein Essen packt er sich lieber ein, in der Hoffnung, es allein verzehren zu können. 

Im Wald findet er einen Fuchswelpen, dessen Mutter durch eine Falle getötet wurde. Er schmuggelt das Tier zu seiner Truppe, versteckt es im Beiwagen seines Gespanns, versorgt es mit Futter. Und verpasst, als der Fuchs ausbüxt, das Vorrücken der Armee. Es wird nie ausgesprochen: aber Franz versucht, dem Tier das zu geben, was er nie hatte – Schutz. Durch den Fuchs lernt Franz eine französische Bäuerin kennen. Wie sehr Franz seine Heimat und sein Trauma mit sich herumträgt, zeigt Goiginger auch dadurch, dass er das abgelegene Gehöft an der Atlantikküste filmt, als würde es in den Bergen liegen, mit gekippten Einstellungen und einem Wiesenspaziergang im Stil von Terrence Malick. 

Dass aus dieser Annäherung keine wirkliche Romanze wird, ist dem Film hoch anzurechnen. Und auch dass die Intimität zwischen Mensch und Tür immer zu spüren ist, der Fuchs aber nie vermenschlicht wird. Am Ende muss Franz, wie sein Vater, eine folgenschwere Entscheidung treffen.  

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