Kritik zu Das Pfauenparadies

© Real Fiction Filmverleih

Die Geburtstagsfeier einer alten Dame entwickelt sich in Laura Bispuris drittem Spielfilm zu einem Familienporträt voll unterdrückter Konflikte und verfehlter Lebensträume

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Sie kommen in Nenas Wohnung am Meer zusammen, an einem sonnigen, windigen Tag im Winter, irgendwo in Italien: Nenas Tochter Caterina und ihr Sohn Vito samt seiner Frau Adelina und deren Tochter Alma, eher ungeplant kommt auch Caterinas Ex-Mann Manfredi dazu, später sogar dessen neue Freundin Joana. Auch Nenas Großcousine Isabella trifft irgendwann ein. Und dann sind da auch Nenas Mann Umberto, der bei den Vorbereitungen der Feier wieder mal nicht geholfen hat, die alte Haushälterin Lucia und ihre stumme Tochter Grazia. Und bei der Fülle der Figuren fangen auch schon die Probleme von Laura Bispuris drittem Spielfilm nach »Sworn Virgin« und »Meine Tochter« an: Man braucht schon mal eine ganze Weile, um sich in den nicht leicht durchschaubaren Verwandtschafts- und sonstigen Verhältnissen zurechtzufinden. Ach ja, auch einen tierischen Gast gibt es auf dieser Geburtstagsfeier: Almas ungewöhnliches Haustier, den Pfau Paco.

Sehr bald deuten sich hinter der obligatorischen Festtagslaune und Gesten der Wiedersehensfreude Brüche an. Für leise Irritationen sorgen Andeutungen von schwerer Krankheit und die vor der Familie geheim gehaltene Trennung von Caterina und Manfredi – zwischen denen trotzdem eine schwer nachvollziehbare sexuelle Spannung herrscht –, kleinere Nickeligkeiten deuten auf Konkurrenz und Neid zwischen den Geschwistern hin, und besteht da womöglich noch eine weitere, geheime Liebesbeziehung innerhalb dieses Personengeflechts? 

Immer weitere Konflikte tun sich auf, die ihre filmische Entsprechung in symbolischen bis ominösen Bildern finden: Für das Mittagessen, das niemals stattfinden wird, fehlt seltsamerweise an der Tafel ein Stuhl. Der in der Wohnung sowieso schon befremdliche Pfau steht in einer (sehr schönen) Einstellung plötzlich Auge in Auge einer weißen Taube auf einem Ölgemälde gegenüber. 

Es gibt mehrere solcher herausstechenden Momente. Doch sehr bald wird das Kammerspiel von der Vielzahl ungeklärter Fragen und Probleme in dieser Familie erdrückt. Und während zu Anfang vieles vage bleibt, wird es später umso plakativer ausformuliert und metaphorisch überhöht: verschenkte Freiheit, verschüttete Träume, kaputte Beziehungen und ungelebtes Leben auf allen Seiten. Dem Pfau bleibt dabei die undankbare Rolle als Zentralsymbol, und das klägliche Ende seines Flugversuchs legt leider Vergleiche zum Film mit seinen hochfliegenden Ambitionen nah. 

Er hebt nicht ab. Weder entwickeln sich da pointierte Dialoggefechte, noch wird die leicht surreale Schlagseite des Films in irgendeiner Weise ausgelotet und/oder die Überkonstruiertheit des Plots zur vergnüglichen Farce verschärft. Auch berühren können einen die Geschicke dieser Figuren kaum, denn so zahlreich sie sind, so skizzenhaft und letztlich uninteressant bleiben sie. Selbst wunderbare Schauspielerinnen wie Dominique Sanda als Nena oder Alba Rohrwacher als Adelina wirken da erschreckend blass.

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