Kritik zu Black Sea

© Sony Pictures

Angebliches Nazigold verlockt eine verwegene Crew zur gefährlichen Schatzsuche im Schwarzen Meer: Kevin Macdonald entdeckt das U-Boot als Schauplatz eines spannungsgeladenen Männerdramas und Abenteuerfilms neu

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Der Schotte Kevin Macdonald ist nicht der einzige Regisseur, in dessen Filmen es ein ums andere Mal hauptsächlich um Männer geht. Aber wie kein anderer seziert er dabei mit erbarmungslosem Blick deren Verhältnis untereinander, die Kumpaneien, Machtkämpfe, Illusionen und Abgründe. Sei es im Dokudrama um zwei Bergsteiger (Touching the Void), im Thriller State of Play, wo Russell Crowe als Journalist dem von Ben Affleck gespielten alten Schulfreund auf die Schliche kommt, oder im Biopic The Last King of Scotland, in dem James McAvoy den Leibarzt von Forest Whitakers Idi Amin verkörperte: Bei Macdonald mögen Männer dominieren, er holt sie aber gleichzeitig vom hohen Ross herunter.

In Macdonalds neuem Film Black Sea gibt es nur eine Frau, die einen Namen trägt, und sie ist ein reines Erinnerungsbild: eine weichgezeichnete Vorstellung im Sommerkleid mit wehendem Haar und süßem Kind an ihrer Seite. Gewissermaßen der reine Männerkitsch, in den zu versinken sich der hartgesottene U-Boot-Kapitän Robinson (Jude Law) von Zeit zu Zeit erlaubt. Robinson wird zu Beginn des Films von ebenjener Firma entlassen, über deren langen Dienstfahrten er Frau und Kind an einen verlor, der öfter da war. Das Stichwort »Frust« beschreibt Robinsons Gemütszustand nicht annähernd. Die Mischung aus Wut, Depression, Verachtung für sich und für alles drum herum machen aus ihm einen Mann, der zu allem bereit ist. Auch zu einem Himmelfahrtskommando, wie man es bald an ihn heranträgt: Er soll als Kapitän einer russisch-britischen U-Boot-Besatzung dabei helfen, den Goldschatz eines im Zweiten Weltkrieg im Schwarzen Meer gesunkenen SS-U-Boots zu heben. Das Unternehmen ist so riskant wie geheim.

Die Geschichte hat keinerlei historischen Hintergrund. Das vermeintliche Nazigold dient dem Drehbuch (Autor: Dennis Kelly) nur als Vorwand, um einen Haufen rauer, unterschiedlich verkommener Männer zusammen auf engstem Raum in die Tiefe sinken zu lassen. Die Umstände – die Rezession, ein russischer Oligarch als Geldgeber, die komplexe geopolitische Lage ums Schwarze Meer herum – werden gerade genug angerissen, um eine Fassade der Glaubwürdigkeit aufzubauen, an der man als Zuschauer nicht allzu heftig rütteln sollte. Nicht dass man dazu noch große Lust verspürt, wenn das U-Boot einmal seine Fahrt aufgenommen hat. Denn dann entfaltet sich ein wendungsreiches Männerdrama um Aberglauben, Gier und Solidarität, wie man es in dieser Ernsthaftigkeit und Spannung lange in keinem Abenteuerfilm mehr gesehen hat.

Jude Law als Kapitän beherrscht die Szene mit beeindruckendem Mut zur Hässlichkeit. Schüttere, kurz geschorene Haare lassen ihn wie vor der Zeit gealtert aussehen. Seine manische Präsenz als im Leben Gescheiterter, der alles auf eine letzte Karte setzen will, wird ideal ergänzt von Schauspielern wie Scoot McNairy als feigem Winkeladvokaten und Ben Mendelsohn als übellaunigem Seebär, der vor allem den russischen Kollegen (angenehmerweise statt mit brabbelnden Statisten mit namhaften russischen Charakterdarstellern besetzt) keine Unze des in Aussicht gestellten Goldschatzes gönnt.

Meinung zum Thema

Kommentare

Das man als Zuschauer „an der Fassade der Glaubwürdigkeit nicht allzu heftig rütteln sollte“, stimmt sicherlich.

Betrifft allerdings auch den im Beitrag benutzen Begriff „SS-U-Boot“, den gibt es nämlich nicht... ;-)

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