Kritik zu Alles eine Frage der Zeit

© Universal Pictures

Der vor allem als Drehbuchautor (Vier Hochzeiten und ein Todesfall, Notting Hill) bekannte Richard Curtis zeigt in seiner dritten Regiearbeit das Glück als männliche Zauberei

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Es sind die Männer, die in den Filmen von Drehbuchautor Richard Curtis bekommen, was sie sich erträumen. Ob man als Witwer nach geleisteter Trauerarbeit Claudia Schiffer in Tatsächlich Liebe (Curtis’ Regiedebüt) begegnet, als Buchhändler Julia Roberts in Notting Hill erobert oder im Reigen von Vier Hochzeiten und ein Todesfall Andy MacDowell am Ende zum Altar führt. Alles eine Frage der Zeit, Curtis dritte Regiearbeit, schlägt da nur eine weitere Seite auf. Dieses Mal eine für die gesamte Familie: Da gibt es die Mutter Mary (Lindsay Duncan), solide und kantig. »Ihre Stilikone ist die Queen«, ergänzt der alles erzählende Sohn Tim (Domhnall Gleeson) aus dem Off, ohne jemals in den folgenden 123 Minuten das wohlmeinende Timbre seiner Stimme mit dunkleren Untertönen zu irritieren. Und den passenden Vater (Bill Nighy), einen Uniprofessor, der es sich scheinbar leisten kann, mit 50 in Rente zu gehen und fortan immer für eine Niederlage im Tischtennis Zeit zu haben. Sie alle werden es mit keinerlei Zumutung zu tun bekommen, die nicht von ihrer gehobenen Middle-Class-Existenz angenehm abgefedert würden. Da mag der Vater noch so oft vom Unglück der richtig Reichen sprechen. Die eigene Saturiertheit erlaubt auch ihm einen Humor und eine Gelassenheit, die selbst den eigenen Lungenkrebs annehmbar erscheinen lässt. Noch dazu wenn man – und das ist das ausschließlich den Männern vorbehaltene Familiengeheimnis – in der eigenen Lebenszeit herumreisen kann. Man wird zwar nicht in den Genuss kommen »die schöne Helena zu vögeln« oder Adolf Hitler aus der Geschichte zu löschen, wie der Vater einmal schmunzelnd bemängelt, aber im Eigenen kann man einiges richten. Genau darin folgt der Sohn dem Vater und regelt die eigenen familialen Belange mit patronaler Geste. Von der Begegnung mit der richtigen Frau, über die Rettung der unfallgefährdeten Schwester Kit Kat bis zur Geburt des passenden Kindes.

In Alles eine Frage der Zeit erobern sich Erwachsene die Geste des trotzigen Kindes zurück, das sich in den dunklen Schrank stellt, die Fäustchen ballt und an das denkt, was es haben will – und es auch bekommt. Es wird ihm quasi von einer übergeordneten Macht in den Schoß geworfen. Die wiederum manifestiert sich hier gerne in einer Überinszenierung des subjektiven liebenden Blickes. Der streichelt die schläfrig nuschelnde Ehefrau (Rachel McAdams), die täglich am Strand Tee trinkende Mutter, den um die Tischtennisplatte hüpfenden Vater und auch die Schwester Kitty (Margot Robbie), die als einzig labile Figur vom Leben mit zwischenmenschlichen Unfällen gestraft wird. Sie liefert Tim die Herausforderung. Und so reist er, der absolut spannungsfrei immer derselbe bleibt, auf dem Zeitstrahl zurück, regelt und schraubt, bis wir die von Hallodris, Alkohol und Blechschäden Genesende mit Gatten und Baby endlich in der Sonne sitzen sehen.

Das könnte trotz allen Kitsches universell und ergreifend sein, gäbe es so etwas wie ein Risiko, irgendeine Fallhöhe. Doch die Familie »der praktischen Jacken und Frisuren« bleibt genau das. Statisch, glücklich, äußerlich.

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