Kritik zu 2040 – Wir retten die Welt

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Anschauungsunterricht auch für kitschresistente Zuschauer: Damon Gameau stellt Projekte vor, die in der Welt der Zukunft alles besser machen würden

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Der australische TV- und Filmschauspieler Damon Gameau kann nicht anders, als seine Filme zu einem verdaulichen Smoothie aus Reiseimpressionen, positiver Aufklärung und Selfie-Show zu mixen. In »Voll verzuckert« präsentierte er sich selbst als Testimonial für die Dickmacher-Konsequenzen des industriell gesteuerten Zuckerkonsums, sein neuer Film »2040 – Wir retten die Welt« triggert mit unverfrorener Spielfreude das Bedürfnis, Greta Thunbergs »How dare you?« durch unmittelbar einleuchtende praktische Modelle zur ökologischen Rettung der Welt zu ergänzen.

Gameau zeigt Luftbilder von verstopften Straßen, um den realen Wahnsinn des Autozeitalters zu illustrieren, die politischen Widerstände gegen »disruptive Technologien«, die das herkömmliche System zerstörerischer Ressourcenverschleuderung ablösen, sind nicht sein Thema. Er appelliert an das Wirgefühl, will »proaktiv« eine »Vision kreieren«, wie die Welt 2040 aussehen könnte, wenn die Strategien der Pioniere, die er besucht, in großem Maßstab realisiert werden würden.

Es geht um die Zukunft, also strukturiert Gameau seine Stationen durch das Mittel, das immer funktioniert: Kinder in Großaufnahme erzählen naiv und schlüssig, was für den Planeten getan werden muss. Ein Streichorchester sowie eingängige Weltmusik massieren den Herzmuskel. Töchterchen und Gattin stehen für Gameaus Idee von Authentizität. Am Beispiel der Badewanne und des Kühlschranks in seinem Haus führt er mit optischen Tricks vor, was die Polkappenschmelze anrichten wird. »Wir retten die Welt« öffnet die digitale Trickkiste, inszeniert Interviewszenen auf der Spitze eines Windrads oder New York als Fußgängerzone und Startrampe für Ein-Personen-Drohnen, ergänzt durch verglaste Elektrobusse, in denen Konferenzräume gemietet werden können.

Kinderglaube, Märchenzauber und har­monisch getönte Science-Fiction spülen die Emotionen in Gameaus Semidokumentarfilm weich, aber sicher erreicht er damit ein medial verwöhntes Publikum, das bislang kaum Bilder davon kennt, wie dezentrale Energieversorgung, Kommunalisierung des elektrifizierten Transportwesens, Rückgewinnung von CO2 aus der Atmosphäre oder die Rekultivierung verwüsteter Meeresregionen wirksam werden.

So bietet »Wir retten die Welt« auch Kitschresistenten faszinierenden Anschauungsunterricht: In Bangladesh vernetzt ein junger Ingenieur die Solarpanels auf Dorfhäusern und automatisiert mit Hilfe einer digitalen Box den Stromkauf und -verkauf der Familien untereinander. In Australien nutzen Farmer Mischpflanzenfelder als Kuhweide, reduzieren die Flächenverschwendung für Futterpflanzen und »ziehen den Kohlenstoff zurück in die Erde«. Die Mikromodelle des Films bedürften eines neuen Modells von verantwortungsbewusster Politik, räumt der Filmemacher am Ende ein. Den Gedanken, wie »new leadership« aussehen müsste, nimmt man mit nach Hause.

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