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In seinem ersten Kinodokumentarfilm porträtiert der Österreicher Stephan Bergmann zwei bejahrte »gentlemen hosts« auf der MS Deutschland – jenem Kreuzfahrtschiff, das Drehort der Traumschiff-Serie war
Mehr noch als ein All-inclusive-Club ist ein vom Ozean umschlossener Luxusliner ein abgeschirmtes Universum, eben ein Traumschiff. In dieser Blase, so zeigt es dieser Dokumentarfilm, wird eine Galanterie konserviert, die nicht mehr von dieser Welt ist, ja, vielleicht ohnehin nur in romantischer Verklärung existierte. Dass die MS Deutschland, die auch Drehort der Traumschiff-Serie war, inzwischen insolvent ist, verstärkt das Gefühl der Nostalgie.
Und was ist wohl aus der Heerschar der Heinzelmännchen geworden, die das Paradies am Laufen hielten und die in Kurzporträts gewürdigt werden? Vorrangig kreist der Film aber um die »gentlemen hosts«, zwei Herren 70 plus, deren Aufgabe es ist, Damen zu unterhalten. Konkret besteht ihr Job darin, mit ihnen zu tanzen, angenehm zu plaudern, Komplimente zu machen. Flirts sind erlaubt, weitergehende »Dummheiten«, wie es in wunderbar altmodischem Vokabular heißt, offiziell nicht. Die zwei, die man einst »Eintänzer« oder abfällig »Gigolos« genannt hätte, erweisen sich als gestandene Männer, ohne Geldsorgen verrentet, geschieden oder verwitwet, die eine neue Berufung als Kavaliere gefunden haben. Gefragt sind sie nicht nur, weil ältere, alleinstehende Frauen die Hauptklientel darstellen und Männer meist chronische Tanzmuffel sind. Überdies können die Frauen, da es ja nicht ernst werden darf, »in Sicherheit« flirten, »man vergibt sich nichts«. Zwei Urlaubswochen lang wie eine Königin behandelt zu werden, das hat auch in emanzipierten Zeiten seinen Reiz.
Ohne herablassende Ironie, aber mit feinem Humor, wirft Regisseur Bergmann nicht nur Streiflichter auf Geschlechterbeziehungen im Alter und auf Menschen, die einiges hinter sich haben und sich aktiv dazu entschließen, es sich gutgehen zu lassen. Im Cinemascope-Format, mit Zeitlupen und langen Einstellungen vermittelt er die kleinen Freuden des Lebens, das Sich-schön-Machen, das schwungvolle Tango-Schwofen, das Sonnenbaden im Liegestuhl: eine berückende, von unterschwelliger Melancholie durchzogene Leichtigkeit des Seins.