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Rasant-charmante Bruder-Buddykomödie mit Christoph Maria Herbst – leider ohne große Überraschungen

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Fieslinge kann Christoph Maria Herbst. Zuletzt hat er in »Der Buchspazierer« zwar seine trottelig-verschrobene, aber doch sehr weiche Seite gezeigt. Seine Paraderolle bleibt jedoch Stromberg als ausgemachter Kotzbrocken. Nun brilliert Herbst in »Ganzer halber Bruder« wieder als skrupelloser Widerling, der umso verachtenswerter daherkommt, weil ihm ein herzerweichender Gegenspieler an die Seite gestellt wird: Roland (Nico Randel), sein Halbbruder mit Trisomie 21. Im Gegensatz zu Thomas steht Roland, den alle nur Sunny nennen, weil der Song zu seinen absoluten Favoriten zählt, mit beiden Beinen im Leben, hat einen festen Job, ein Hobby und vor allem ein gutes Herz sowie einen scharfen Sinn für Ungerechtigkeiten und krumme Dinger. Natürlich unterschätzt Thomas diesen »behinderten« Bruder, der ihm am Ende die Augen öffnet. Mit »Ganzer halber Bruder« hat Hanno Olderdissen nach einem Buch von Clemente Fernandez Gil eine luftig-leichte Buddykomödie gedreht: charmant, lustig, berührend, aber leider auch oft sehr erwartbar.

Thomas ist gerade aus dem Gefängnis entlassen – unlautere Immobiliengeschäfte haben ihn dort reinkatapultiert. Nun erfährt er, dass seine Mutter, die ihn schon als Baby weggegeben hat, ihm ihr Haus vermacht hat, immerhin um die zwei Millionen Euro wert. Der Haken: Sunny hat lebenslanges Wohnrecht. Gemeinsam mit seiner Betreuerin Yeşim (Sesede Terziyan) meistert er seinen Alltag bestens. Bis eben Thomas in sein Leben tritt, der mit folgenschweren Gemeinheiten Sunny in eine Behinderteneinrichtung abschieben will. Das geht erwartungsgemäß schief. Denn nicht nur Roland stellt sich ihm entgegen, auch Yeşim, Sunnys Boxtrainer Karsten (Tristan Seith) und schließlich auch er selbst. Denn als einstiges Waisenkind fühlt sich Thomas bei Sunny und seiner im Sterben liegenden Mutter erstmals irgendwo zugehörig.

Mit liebevollem Blick und einem guten Gespür für absurde Situationen inszeniert Olderdissen, der bisher vor allem Kinder-Tierfilme wie »Wendy« und »Lassie« drehte, seine Komödie. Da ist der wienernde Bewährungshelfer Giesser (Michael Ostrowski), der viel zu sehr mit seinen korrupten Geschäften und übergewichtigen Zwillingstöchtern beschäftigt ist, als dass er seinen Job machen kann. Im Gegenteil, in ihm sieht Thomas den Weg aus seinem Schlamassel mit Sunny und dem Haus. Was natürlich in einer Katastrophe endet – und dann doch zu Thomas' Läuterung führt.

Der Retro-Walkman, das bieder eingerichtete Haus, dazu der Evergreen »Sunny« von Bobby Hebb, der in verschiedenen Versionen passend zu Sunnys Stimmungen als Soundtrack dient, scheinen perfekt, sind dann aber doch reines Klischee und frei von jeglichen Überraschungen. Gegen Ende drücken Regisseur und Drehbuchautor noch mal mächtig auf die Tränendrüse, was allerdings allzu kalkuliert ist. »Ganzer halber Bruder« ist ein harmloser, gut gemeinter, charmanter Familienfilm, der dank Herbst und Randel durchaus einen Kinobesuch lohnt.

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