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Ein Taxifahrer (Sean Penn) und sein weiblicher Fahrgast (Dakota Johnson) im Gespräch über die Beziehungen zwischen Männern und Frauen, Familienvätern und Mätressen, Sex und Liebe
Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Auto und unterhalten sich über die (vielleicht gar nicht so) komplizierten Beziehungen zwischen Männern und Frauen, während sie von einem Ort zum anderen fahren. Mehr passiert nicht. Man kann sich die Gesichter, beziehungsweise das Entgleisen der Gesichter jener Mover und Shaker vorstellen, denen dieser Plot als super Ausgangsidee für ein Filmprojekt vorgeschlagen wurde. Klingt ja auch langweilig. Einerseits. Andererseits aber hat Tom Hardy 2013 in Steven Knights Locke bewiesen, dass eine solche Fahrt sogar, wenn nur einer im Auto sitzt und telefoniert, eine hoch spannende Angelegenheit sein kann. Und dann sind da noch die Filme von Hamaguchi Ryusuke, in denen Leute im Auto durch die Gegend fahren und dabei dauernd reden; man kann sogar Oscars damit gewinnen. Na dann …
Also steigt zu Beginn von Christy Scotts »Daddio« eine junge Frau am New Yorker Flughafen JFK in ein Taxi und möchte nach Midtown Manhattan gefahren werden. »Good old Midtown« ist sie sich sogleich mit dem Taxifahrer einig, der ihr Vater sein könnte, denn wahre New Yorker erkennen einander. Nicht zuletzt an ihrer Abgeklärtheit. Es dauert nicht lange, bis der Taxler anfängt zu zetern, über Mobiltelefone und Kreditkarten und Apps und all den modernen Kram, der dazu führt, dass die Menschen nicht mehr in direkten Kontakt miteinander treten und außerdem zu wenig Trinkgeld geben. Die Frau hinten hört geduldig zu; sehr wahrscheinlich, wie wir nach einem Blick auf ihr Smartphone annehmen können, weil sie sich ablenken lassen will von den ziemlich expliziten Text- und Bildnachrichten eines Mannes. Von dem wird im Weiteren noch ausführlich die Rede sein. Sowie von dem, was Männer so wollen. Und Frauen von ihnen nicht bekommen. Erst recht nicht, wenn sie es bei einem verheirateten Familienvater suchen, mit dem sie ein Verhältnis haben. Der Taxler nennt es nur »das L-Wort«.
Die Frau, die sich fahren lässt, ist charakterisiert als von einem nicht näher bezeichneten Kindheitstrauma beschädigt, sie wirkt fragil, manipulierbar und unentschlossen. Dem Mann am Steuer kommt die Aufgabe zu, nicht nur das Taxifahrer-Stereotyp zu bedienen, sondern auch althergebrachte Macho-Perspektiven zu vertreten, die zwar überholt sein mögen, aber längst noch nicht ausgestorben sind. Unschwer zu erkennen, diese ganze Sache ist schwer klischeebeladen; und wäre wohl vollends unerträglich, würden nicht Dakota Johnson und Sean Penn ihr beträchtliches schauspielerisches Potenzial aufbieten, um den beiden Pappfiguren Leben einzuhauchen. Sabotiert werden sie dabei von angestaubten Dialogen, altersschwacher Dramaturgie und einem konservativ gedachten Machtgefälle zwischen den Figuren.
Am Ende fühlt man, und erst recht frau, sich einigermaßen zugetextet und erschöpft vom stattgehabten Mansplaining. Denn auch wenn der Mann sich im Zuge seiner ausufernden Rede selbst entlarvt, ändert das doch nichts an dem Umstand, dass die Frau seinem Blödsinn zuhören muss.