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© Neue Visionen Filmverleih

Die japanische Regisseurin Naomi Kawase verhandelt einmal mehr ihr ­Lieblingsthema: die naturmystische Vision einer Wiedergeburt. Diesmal mit
einem europäischen Gesicht (Juliette Binoche) in der Hauptrolle

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Die Reisereporterin Jeanne (Juliette Binoche) sucht nach einer Pflanze namens »Vision«. In den abgelegenen japanischen Yoshino-Bergen vermutet sie dieses Kraut, das angeblich nur alle tausend Jahre blüht und den Menschen dabei von Ängsten und Schwächen befreien soll. Linderung ihrer Seelenpein kann die Französin gut gebrauchen. Sie hat einen tragischen Verlust erlitten, den die Heilpflanze kompensieren soll.

Hoffnung auf eine Wiederkehr des Verlorenen – das ist die Ausgangssituation im neuen Film von Naomi Kawase. Es geht um den Menschen und sein Verhältnis zur Schöpfung, um das große Ganze also. Sorgfältig fotografierte Bilder des Waldes erzeugen eine ähnlich tranceartige Stimmung wie in dem Drama »Still the Water«, das die Japanerin einem breiteren Publikum bekannt machte. Der entschleunigte Sog der Bilder hat eine beruhigende Wirkung. Irgendwann stellt sich dann aber doch die Frage: Worum geht es?

Mit Juliette Binoche hat Kawase eine Darstellerin gewählt, die ihre enigmatisch-fernöstlichen Visionen einem westlichen Publikum nahebringen soll. Zugänglich ist ihre filmische Meditation allerdings nur zu Anfang. Jeanne quartiert sich bei einem wortkargen Förster namens Tomo (Masa­toshi Nagase) ein, einem zurückhaltenden Mann, der ein besonderes Verhältnis zu den Wäldern hat. Klischeehaft entwickelt sich zwischen den beiden eine erotische ­Beziehung, für die sich die Regisseurin aber ­leider genauso wenig zu interessieren scheint wie für ihre Figuren im Großen und Ganzen überhaupt. So erklärt Tomo, er habe sich zurückgezogen, weil er »müde« geworden sei. Was ihn erschöpfte, bleibt so unklar wie die Vergangenheit Jeannes. In dokumentarisch anmutenden Interviews äußert sich ein alter Mann besorgt über den Raubbau an der Natur. Auch dieses Thema bleibt ­
vage. Fällt Tomo einmal mit der Kettensäge einen Baum, so ist dieses Bild der Zerstörung ­plakativ. Denn mit seiner Arbeit kultiviert er ja zugleich den Wald.

Ins Zentrum der allmählich sich vortastenden Erzählung rückt jene Kräutersammlerin Aki (Mari Natsuki), um die Tomo sich kümmert. Aus der Sicht der blinden Greisin, die gemäß einem esoterischen Gemeinplatz eine Seherin ist, deutet sich an, dass die gesuchte Heilpflanze ein reinigendes Feuer ist. Am Rande dieses Infernos kommt Aki – die eine Art Leihmutternatur verkörpert – allein im Wald nieder. Kompensiert sie so den ­Verlust, den die Französin Jeanne erlitt?

Man kann diese naturmystische Dreiecksgeschichte, bei der einmal die Ewigkeit umrundet wird, kaum in angemessene Worte fassen. Was vielleicht auch daran liegt, dass der Regisseurin der erzählerische Faden zu entgleiten scheint. Die Bilder verlieren ihre visionäre Kraft. Zwischen dem Erhabenen und dem Lächerlichen ist es manchmal nur ein kleiner Schritt. Wer die späten Filme von Terrence Malick mag, wird sich vielleicht auch von Kawases spekulativer Mystik bezaubern lassen. Wer aber nur Verrätselung um der Verrätselung willen sieht, wird nur Banalitäten entdecken.

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