Nachruf: Wilhelm Hein

Wilhelm Hein

Wilhelm Hein

12. 2. 1940 – 15. 3. 2025

Wilhelm Hein gilt als einer der einflussreichsten und radikalsten Experimentalfilmer des deutschen Undergroundkinos der Nachkriegszeit. 1940 in Duisburg in einfachen Verhältnissen geboren, entdeckte er das antiautoritäre politische Potenzial des Kinomachens während seines Studiums bei Alphons Silbermann, einem aus dem Exil zurückgekehrten legendären Soziologieprofessor in Köln. Auf die Ausdruckswucht der Kunst gegen die den Nationalsozialismus verdrängenden restaurativen Verhältnisse vertrauend, wechselten Wilhelm Hein und seine damalige Gefährtin Birgit Hein von der Malerei zum Filmen mit der 16-mm-Bolex und gingen in den Jahren um 1968 mit der Gründung von XScreen, einer mit Freunden gegründeten Kinoinitiative, noch einen Schritt weiter. In einer Kölner U-Bahn-Baustelle traf man sich zu nächtlichen Events, diskutierte die Überlebenschancen eines absolut autonomen Kinos, zeigte Undergroundperlen von Gregory Markopoulos, Jack Smith und Kurt Kren, die sich dem Schlüsselerlebnis der Heins beim Internationalen Experimentalfilm-Festival in Knokke verdankten.

XScreen war Treffpunkt der Ingroup, die sich gegen die repressive Dominanz des filmpolitisch etablierten jungen deutschen Films auflehnte. Der 1968 mit Birgit Hein gedrehte Rohfilm, eine Materialcollage in Schwarz-Weiß, die in schneller Folge Bildschnipsel, Perforationslöcher und zerkratzte Celluloid-Oberflächen mit technisch dröhnender Musik collagierte, war nichts weniger als ein aggressiver Abgesang auf die Illusionsmaschine Kino und blieb das Markenzeichen von Wilhelm Heins Lebenswerk auch nach der Trennung des Paars 1988. Es folgte eine üppige Filmografie auch mit autobiografischem Material arbeitender kurzer Werke, hinzu kamen wenige extrem lange Filme wie der unvollendete »You Killed the Undergroundfilm or The Real Meaning of Kunst bleibt … bleibt«. 

Die schiere Poetik kinotechnischer Materialität, ein exhibitionistischer Kult der Körper und Sexualitäten aber auch die filmische Erkundung der Spuren des Holocaust kennzeichnen Wilhelm Heins autonomes Kino. In Zeiten allgegenwärtiger Handyvideos, experimenteller narrativer Ästhetiken und schwindender Spielstätten historisch geworden, hielt er dennoch an seinem trotzigen Gestus fest: »Einfach loslegen und machen!«Im März starb der Künstler in Berlin.

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