Kritik zu Die Wunderübung
Nicht ohne- und nicht miteinander: Michael Kreihsl adaptiert mit Devid Striesow und Aglaia Szyszkowitz in den Hauptrollen das boulevardeske Ehekrisenstück von Daniel Glattauer
Früher verstanden beide sich blind, sogar unter Wasser. Valentin (Devid Striesow) erinnert sich noch genau daran, wie er seine Frau Joana (Aglaia Szyszkowitz) bei einem Badeurlaub kennenlernte. Gemeinsam haben sie damals den Tauchschein gemacht. Unbewusst rutscht Valentin jedoch das Wort »Trauschein« heraus. Ein liebenswürdiger Freudscher Versprecher, der die tief verschüttete Verbundenheit der beiden ausdrückt. Doch nun, zahlreiche Ehejahre später, ist diese sprachliche Sensibilität ins Gegenteil umgekippt: Jetzt machen beide sich nach allen Regeln der Kunst verbal fertig. Joana, spitzzüngig und aufbrausend, weiß immer schon, was er sagen wird. Also sagt Valentin gar nichts mehr – doch sein provozierendes Schweigen ist sehr beredt.
Die notorisch zerstrittenen Eheleute sind eine harte Nuss für den erfahrenen Paartherapeuten (Erwin Steinhauer). Wird es ihm gelingen, sie aus ihren Schneckenhäusern herauszulocken? Die Ausgangssituation birgt einiges an Potenzial. Aglaia Szyszkowitz als zickige Furie zeigt, dass sie mehr drauf hat, als sie in Degeto-Filmen zeigen konnte. Und Devid Striesow gibt den zynisch gewordenen Stoiker mit sehenswertem Understatement. Ihre verbalen Scharmützel haben es in sich. Trotzdem versandet der Film ziemlich bald. Was keineswegs daran liegt, dass dieses abgefilmte Theater zu statisch und zu wortlastig wäre. Psychologisch vertrackte Therapiesituationen im Film können reizvoll sein – man denke nur an »Reine Nervensache« mit Robert De Niro als depressivem Mafioso oder an Jean-Jacques Beineix' »Mortel Transfert«.
Im Gegensatz zu solchen Kabinettstücken krankt Michael Kreihsls Kammerspiel an der uninspirierten Vorlage. Wie in Daniel Glattauers gleichnamigem Bühnenstück scheint der Therapeut sich bei diesem heillos zerstrittenen Eheleuten zunächst die Zähne auszubeißen. Selbst die titelgebende Wunderübung scheitert. Valentin soll die geballte Faust seiner Frau, die ihr Herz symbolisiert, öffnen. Zwecklos. Die Eheleute sind in einem versteinerten Hass aneinander gekettet. Sie können weder mit- noch ohne einander. Als der Seelendoktor während der Sitzung eine SMS erhält und daraufhin nur noch mit sich selbst beschäftigt zu sein scheint, rauft sich das zerstrittene Paar wider Willen zusammen. Braucht der Psychologe nicht selbst einen Psychologen?
Aufgrund dieser früh absehbaren Wendung ist in dem packend beginnenden Film schnell die Luft raus. »Die Wunderübung« beginnt mit nuanciert beobachteten Szenen einer Ehe, schlägt dann aber um in eine boulevardeske Karikatur einer zeitgenössischen Psychotherapie, bei der das romantische Gefühl wiederentdeckt wird. Der Psychokrieg, in dem die Eheleute zunächst keine Gefangenen machen, kippt um in eine betuliche Harmonie. Der Film will ein paradoxes Lob des Symptoms sein, doch dazu fehlt es an Witz, Tempo und Tiefe. Mit dem Remake seines gleichnamigen TV-Movies von 2015, in dem die Männerrollen von Bernhard Schir und Jürgen Tarrach verkörpert wurden, kommt Michael Kreihsl leider nicht über das Fernsehformat hinaus.
Kommentare
Manfred Riepe's critic of "Die Wunderübung"
I disagree with Manfred. The film's script is limited by the conventional length of a therapy session, usually 45 or 50 minutes, here extended to a 90-min double-session. Within this time frame, the whole story needs to unfold. This results in the seemingly lame final romantic reconciliation. But within the context, this is inevitable. It is also irrelevant. The crux of the matter is the "method", the reverse psychology technique which brings the couple to grips with their uniting features. The film adaption of the theatrical play is witty, funny and simply good. Bravo.
Filmkritik
Warum dieser Film hier so runtergeputzt wird ist mir unverständlich. Als ich (Mann 62 , internationaler Unternehmer/ Vater von 3 wundervollen Töchtern und 3 liebevolle Enkelkinder) den Film das erste Mal sah habe ich mich kaputt gelacht und an meine älteste Tochter gedacht, welche in Psychologie den Master gemacht hatte. Ich sprach beim Besuch meine Tochter an, welche den Film auch bereits mit vielen Freunden gesehen hatte, und auch die waren so begeistert. Am Sonntag habe ich den Film nochmal bei mir vorgeführt, und ein älteres Ehepaar mit denen ich gut befreundet bin (er ist 91) war vor Lachen nicht mehr zu halten. Von mir bekommt der Film die volle Punktzahl. Ich selber habe eine umfangreiche internationale Filmsammlung mit ausgesuchten Filmen. Anstatt das man immer irgendetwas kritisiert, sollte man selber Werte schaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Wagner
www.naturstein-paradies.eu
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