Kritik zu Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes

© Universal Pictures

2018
Original-Titel: 
Pope Francis: A Man of His Word
Filmstart in Deutschland: 
14.06.2018
L: 
96 Min
FSK: 
keine Beschränkung

Roadmovie mit Auftrag: Wim Wenders hat den Papst bei seinen Reisen und Begegnungen mit Menschen in Flüchtlingslagern, ­Krankenhäusern und Gefängnissen begleitet

Bewertung: 4
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In seinen Dokumentarfilmen über den Modeschöpfer Yohji Yamamoto, die Musiker des Buena Vista Social Club, die Tanzchoreografin Pina Bausch und den Fotografen Sebastiao Salgado hat Wim Wenders immer wieder unterschiedliche künstlerische Herangehensweisen ans Leben ausgelotet und dabei indirekt auch seine eigene Existenz als Künstler thematisiert. Wenn er jetzt Papst Franziskus ins Zentrum seines neuesten Films stellt, erweitert sich die Perspektive sozusagen von der Kunst auf die ganze Welt und die vielfältigen Missstände, die sie bedrohen.

So wie in den vorausgegangenen Dokumentationen geht es auch hier um das, was das Kino kann: die Kunde eines außergewöhnlichen Menschen in die Welt hinaustragen, potenziell zu Milliarden Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Konfessionen, nicht im Sinne katholischer Missionierung, sondern eher als eine Form der Anstiftung zu mehr Menschlichkeit, zu sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz. Etwas Ähnliches dürfte die Kommunikationsabteilung des Vatikans im Sinn gehabt haben, als sie auf den deutschen Regisseur zugegangen ist. Zum ersten Mal also wurde das Thema einer Dokumentation von außen an Wenders herangetragen. Als es dann aber darum ging, wie dieser Film über Papst Franziskus aus­sehen könnte, hatte er absolut freie Hand und setzte bei großzügigem Zugang zum Archiv des Vatikans einige Wegmarken. Kein klassischer Porträtfilm sollte es werden, kein Film über Papst Franziskus, sondern ein Film mit ihm. So wurde auch dieser Film, wie viele andere von Wenders, zu einem Roadmovie, das den Papst auf seinen Reisen durch die Welt begleitet, bei seinen vielfältigen Begegnungen mit Menschen auf den Straßen, in Flüchtlingslagern, Krankenhäusern und Gefängnissen, aber auch bei seinen offiziellen Reden, etwa vor der UN-Vollversammlung oder dem amerikanischen Kongress.

Die Rahmenhandlung des Films liefert der heilige Franz von Assisi, nach dem sich der erste aus Argentinien stammende Papst programmatisch benannt hat. Die Szenen, in denen dieser frühe Erneuerer der katholischen Kirche von einem Schauspieler verkörpert durch die Landschaft unter der berühmten Basilika wandelt, erinnern an italienische Filme der Stummfilmzeit. Doch sie sind von Wenders heute gedreht worden, in Schwarzweiß und mit einer Handkurbelkamera aus den 1920er Jahren, was ihnen eine eigentümlich spirituelle Zeitlosigkeit verleiht, als Ausdruck der Werte und Überzeugungen, die Papst Franziskus von Franz von Assisi übernommen hat. Wie kaum ein Papst zuvor lehnt er den Prunk seines Amtes ab, tritt in einfachen weißen Gewändern auf und fährt in einem gebrauchten Kleinwagen durch die Städte, der im Kontrast zu den wuchtigen Staatskarossen, zwischen denen sein kleines Autochen eingeklemmt wirkt, geradezu rührend bescheiden anmutet.

Nicht der Lebenslauf steht im Zentrum des Films, sondern die entwaffnende Ausstrahlung und Präsenz dieses Papstes, mit dem das Team insgesamt vier Mal mehrere Stunden drehen durfte. Eine besondere Wirkung erzielen diese Aufnahmen durch den Einsatz des von Errol Morris entwickelten »Interrotrons«, das Wenders als »umfunktionierten Teleprompter« beschreibt: Das heißt, dass der Papst den Gesprächspartner sieht und zugleich durch ihn hindurch direkt in die Kameralinse schaut und damit im Grunde jeden einzelnen Kinozuschauer mit seinem gütigen, lebensfrohen und humorvollen Blick ganz unmittelbar erreicht. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch den Verzicht auf zwischengeschnittene Fragen. Mehr als in jeder seiner bisherigen Dokumentationen, die immer auch ganz persönliche Hommagen an einzelne Künstlerpersönlichkeiten waren, nimmt sich der Regisseur hier zurück und stellt sich ganz in den Dienst des päpstlichen Engagements für eine bessere, gerechtere Welt. Dass es dann doch auch eine Hommage wird, liegt an der eindrucksvollen Ausstrahlung und dem selbstlosen Auftreten von Papst Franziskus.

Meinung zum Thema

Kommentare

Nur ein kurzes Lob: epd Film ist für mich d a s maßgebliche „Organ“, wenn es um Filmkritik geht. Icj schaue mir keinen Film an, ohne die epd dazu gelesen zu haben) zuletzt: wim wenders/ Franziskus)

Ich habe den Film vorgestern im Kino gesehen und muss sagen, dass er mich in jeder Hinsicht überzeugt hat. Ein notwendiger und tief berührender Appell an die Menschheit, umzukehren. Super Regie und Kameraführung, null Hollywood oder Kitsch, und ein beeindruckender Papst Franziskus , der uns etwas zu sagen hat.

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