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Gerhard Midding

Heute vor einem Jahr starb Glenda Jackson. Die Todesnachricht kam damals zur Unzeit; zumindest für epd Film. In der Monatsmitte ist der Redaktionsschluss meist schon erreicht und das aktuelle Heft voll. Damit mochte ich es seither nicht bewenden lassen. Für eine Hommage an eine große Schauspielerin ist es nie zu spät.

Gerhard Midding

Die 1950er und 60er Jahre waren ein goldenes Zeitalter, was deutsche Verleihtitel angeht. Der Phantasie waren allenfalls Grenzen der Schicklichkeit gesetzt. Harmlose Zweideutigkeiten hatten Konjunktur, wofür „Meine Braut ist übersinnlich“ ein prächtiges Beispiel liefert. Es herrschte noch eine gewisse umgangssprachliche Unbefangenheit. Klingt „Mit mir nicht, meine Herren“ nicht viel munterer als das originale „It happened to Jane“? Da merkt man doch sofort, welches Temperament Doris Day in der Hummerzuchtkomödie an den Tag legt!

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In ihrem Audiokommentar zu »The Longest Day« verhandelt Mary Corey den Film ziemlich umfassend, als Historikerin, die sich zuweilen in einen Fan zurückverwandeln kann. Wenn die Frauen in der Résistance alle so aussahen wie Irina Demick, wäre sie als junges Mädchen gern eine von ihnen geworden. Und der weiße Pullover, in dem Peter Lawford seinen Trupp anführt, findet sie noch immer schneidig. Es steckt viel in Zanucks Produktion, das Folklore geworden ist.

Gerhard Midding

Als wir in Colleville-sur-mer ankamen, ging mir eine jener Fragen durch den Kopf, die man sich stellt, obwohl die Antwort nahe liegt. Warum nur, wunderte ich mich also, sind Gräber auf Soldatenfriedhöfen immer in so makelloser Ordnung aufgereiht? Auch die Gefallenen müssen strikt die militärische Aufstellung einhalten. Dabei würde Unordnung dem Chaos des Krieges doch viel eher gerecht.

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»May December« von Todd Haynes lädt dazu ein, tiefer zu schürfen. Wenn man ihn sieht und danach, wenn er einem durch den Kopf geht, legt man immer neue Schichten frei. Seine Verbindung zu „»The Go-Between« (Der Mittler) etwa ist offenkundig und lautstark: In Beiden erklingt Michel Legrands schneidender Klavierakkord. Allmählich jedoch entdeckt man, dass die musikalische und thematische Verwandtschaft noch inniger ist.

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Thomas Heise, dessen Tod die Akademie der Künste in Berlin gestern meldete, besaß eine Langmut, die im Filmgeschäft eher selten ist. Dokumentarfilme, meinte er, gewinnen ihre eigentliche Bedeutung erst Jahre, ja Jahrzehnte später. Auf seine eigene Geschichte bezogen, lag er damit zweifellos richtig.

Gerhard Midding

Wenn Jutta Brückner einen Vortrag hält, steht meine Konzentration vor argen Herausforderungen. Ihre Reden sind so gedankenreich, stellen so behände Zusammenhänge her und fällen so sorgfältige Urteile, dass ich kaum mitkomme. Sie stecken voller Formulierungen, die ich steheln möchte. Wenn ich mir eine notiere, laufe ich stets Gefahr, die folgende zu verpassen.

Gerhard Midding

Es hat Vorzüge, keine eigene Waschmaschine zu besetzen. Man darf sich an kommunikative Orte begeben, wo sich mannigfache Gelegenheiten bieten. In „Jubilee“ etwa dient ein Waschsalon der resoluten Anbahnung. Crabs, eine der munteren Nihilistinnen aus Derek Jarmans Film, legt vor dem ersten Waschgang einen Striptease hin und animiert einen hübschen Blondschopf, es ihr nachzutun.

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John Wayne mochte den Klang des Wortes Republik, aber vor allem, was in ihm mitschwingt: "It means people can live free, talk free, go or come, buy or sell, be drunk or sober, however they choose. Some words give you a feeling."

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Nach Ende der Dreharbeiten zu »Der Leopard«, schreibt Claudia Cardinale in ihren Memoiren, hatte sich ihr Blick unwiderruflich verändert. Er war nicht mehr vage, unbestimmt und flüchtig. Er hatte seine Schüchternheit verloren, nun traute sie sich zu, ihre Mitspieler zu fixieren: fester, fordernder. Davor erschien ihr diese Beharrlichkeit unverschämt, aber Luchino Visconti verpflichtete sie dazu.